„Die Innenstadt ist jetzt
am Kohlmarkt zuende“
Nach Sperrung der Mühlentorbrücke: Wenig los in der Mühlenstraße – Händler in Sorge ums Geschäft.

In der Woche nach der Sperrung der Mühlentorbrücke ist die Mühlenstraße um die Mittagszeit sehr leer. Foto: Oliver Pries
Lübeck. So leer haben viele Lübecker die Mühlenstraße zur Mittagszeit vermutlich noch nie gesehen. Auf den Parkstreifen stehen sehr viele Parkbuchten leer, Autos sind kaum unterwegs. Einige Radler fahren durch die Straße im Süden der Altstadt, die Bushaltestellen aber sind menschenleer. Liegt das an dem Dezember-Nieselregen? „Das liegt an der gesperrten Mühlentorbrücke“, sagt Alexander Petersen. „Seit die Brücke dicht ist, ist die Mühlenstraße so etwas wie eine verkehrsberuhigte Zone.“ Die Mühlentorbrücke wurde Anfang Dezember überraschend geschlossen.Eine Prüfung hatte dem Bauwerk einen zu schlechten Zustand bescheinigt. Eigentlich sollte die Brücke frühestens Ende 2026 komplett gesperrt und dann saniert werden.

Wenn Alexander Petersen aus dem großen Schaufenster seiner Weinhandlung Walter Möller in der Mühlenstraße blickt, zeigt sich ihm ein trübes Bild. Nur wenige Menschen huschen vorbei, noch weniger betreten seinen Laden. „Ich merke sehr deutlich, dass die Brücke gesperrt ist“, sagt Petersen. Die Personenzahl in der Mühlenstraße hätte seit der Sperrung am 5. Dezember drastisch abgenommen, Autos fahren kaum noch.

„Ich hätte mir gewünscht, dass die Brücke noch etwas länger offen bleibt, damit wir Händler das Weihnachtsgeschäft noch mitnehmen können“, sagt Petersen,der das Traditionsgeschäft 2023 übernommen hat.

Dankbar dafür, dass die Mühlentorbrücke überraschend lange geöffnet blieb, ist Finn Belling. Er ist Inhaber der Buchhandlung Belling – und nach eigenen Worten von der Sperrung kaum betroffen. Ja, es gebe nun etwas weniger Laufkundschaft. Das hat Belling festgestellt. „Ich bin froh, dass wir so viele Stammkunden haben“, sagt der Buchhändler. „Die halten mir die Treue.“ Von den nächsten Jahren, in denen die Brücke wegen der Sanierung gesperrt bleibt, will sich Belling überraschen lassen.

So optimistisch wie Belling ist Claudia Wascher nicht. Die Geschäftsführerin des Lichtladens in der Mühlenstraße sorgt sich um die Zukunft ihres Geschäftes. Sie werde genau beobachten, wie sich die Situation entwickelt, sagt Wascher. Und dann entscheiden, ob und wie es mit dem Lichtladen weiterginge. „Gefühlt ist die Innenstadt jetzt am Kohlmarkt zuende“, sagt Wascher. Die Geschäftsfrau befürchtet, dass die plötzliche Brückensperrung Einfluss auf das Verhalten der Lübecker hat. „Viele Menschen werden jetzt erst recht vermeiden, in die Innenstadt zu fahren“, ist sich Wascher sicher.

Ob das auch den Menschen so geht, die künftig Lübecks größtes Kino besuchen wollen? „Ich bin mir noch gar nicht sicher, welche Auswirkungen die Sperrung auf unsere Gäste hat“, sagt dazu Mirko Henze, Theaterleiter des CineStar Lübeck Stadthalle. Auf den Kinobetrieb selbst aber hat die Sperrung Auswirkungen – schon jetzt. „Unsere Lieferanten haben jetzt schon große Schwierigkeiten, ans Kino zu kommen“, erklärt Henze.

Er selbst habe gerade eine halbe Stunde gebraucht, um vom Kino Filmhaus in der Königstraße mit dem Auto zurück zur Stadthalle zu kommen. Schuld seien die vielen Sperrungen in und um die Altstadt herum gewesen, sagt Henze. Auch der Theaterleiter will beobachten, wie sich die Situation rund um die Mühlentorbrücke entwickelt. Henze hat das Problem direkt im Blick. „Ich sehe die Brücke ja jeden Tag.“

Für „nachvollziehbar“ hält das Lübeck Management die Sorgen der Gewerbetreibenden. „Neben der ohnehin angespannten wirtschaftlichen Lage stehen insbesondere Innenstädte vor enormen Herausforderungen“, sagt Olivia Kempke, die 1. Vorsitzende und Geschäftsführerin. Die Mühlenstraße aber sei weiterhin erreichbar. „Nun gilt es, sich mit der Situation zu arrangieren.“ op
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