„Room of Error“:
Klinik-Mitarbeitende auf Fehlersuche
Die Sana Kliniken Lübeck greifen Idee aus der Schweiz auf: Interdisziplinäre Teams trainieren gemeinsam,
um Patientensicherheit weiter zu erhöhen.

Im „Room of Error“ der Sana Kliniken Lübeck werden absichtlich Fehler eingebaut, die innerhalb von 15 Minuten gefunden werden müssen.Foto: Sana Klinik Lübeck
Lübeck. Fehler passieren immer und überall. Doch wenn Ärzte und Pflegekräfte etwas falsch machen, kann das für Patienten gravierende Folgen haben und im schlimmsten Fall lebensbedrohlich sein. Die Sana Kliniken Lübeck gehen bei der Fehlervermeidung neue Wege und trainieren mit ihren Mitarbeitenden in einem sogenannten „Room of Error“ (Raum des Irrtums).

In diesem Übungsszenario werden bewusst Fehler eingebaut – vom fehlenden Patientenarmband über einen Nussjoghurt auf dem Nachttisch einer Patientin mit bekannter Allergie bis zu vertauschten Medikamenten oder einer falsch eingestellten Infusion. Interdisziplinäre Teams, bestehend aus Ärzten, Pflegekräften und Therapeuten, haben nur 15 Minuten Zeit, um die Fehler zu entdecken, schildert Anke Fromm-Lorenz, Pflegedirektorin an den Sana Kliniken Lübeck.

Projekt soll Bestandteil
der Ausbildung werden

Bisher haben fünf Teams den „Room of Error“ kennengelernt, Ende des Jahres ist der nächste Durchlauf geplant. Ab 2026 gibt es dann vier Termine pro Jahr, an denen jeweils mehrere Teams trainiert werden, sagt Fromm-Lorenz. Langfristig soll der „Room of Error“ auch in die Ausbildung integriert werden.

In dem Übungsraum wurde detailgetreu ein Patientenzimmer nachgebaut. In dem Krankenhausbett liegt jedoch kein Patient, sondern eine Pflegepuppe. Die drei- bis fünfköpfigen, interdisziplinären Teams wissen nicht, wie viele Fehler in dem typischen Klinik-Szenario eingebaut wurden. „Es gab 15 Fehler zu entdecken, eine der fünf Gruppen hat in den 15 Minuten alle entdeckt, ein anderes hat sogar 30 Fehler identifiziert“, sagt Fromm-Lorenz lächelnd.

So wurde beispielsweise ein Regal moniert, das nicht den Hygienevorschriften genügte. „Dieses Regal stand da nur zufällig noch herum, weil in dem Raum früher Geräte gewartet wurden und gehörte gar nicht zum Übungsszenario“, verrät die Pflegedirektorin schmunzelnd. Die kurze Zeitspanne von 15 Minuten soll den Zeitdruck im Arbeitsalltag widerspiegeln.

Einige der 15 Fehler wurden von allen Teams aufgedeckt. Dazu gehören das zu hoch eingestellte Pflegebett, eine falsche Medikation und der Umstand, dass Notfallklingel und die Schuhe der Patientin nicht in ihrer Reichweite waren.

Die Idee für den „Room of Error“ stammt laut Fromm-Lorenz von der Stiftung Patientensicherheit aus der Schweiz. Inzwischen gibt es dieses Projekt an einigen deutschen Kliniken, in Lübeck haben bisher laut Fromm-Lorenz nur die Sana Kliniken einen „Fehler-Raum“.

„Im Klinik-Alltag sind Aufmerksamkeit, Kommunikation und Teamgeist unverzichtbar. Das Training zeigt auf anschauliche Weise, wie wir Risiken frühzeitig erkennen und so die Sicherheit für unsere Patienten deutlich erhöhen können“, betont Dr. Jens Schaumberg, Chefarzt der Klinik für Neurologie der Sana Kliniken Lübeck. Das Besondere am „Room of Error“ ist laut Qualitätsmanagerin Claudia Dietrich, dass „Lernen hier praxisnah, interdisziplinär und mit sofortigem Aha-Effekt geschieht“. Das Feedback der Teilnehmenden sei bisher „durchweg positiv“.

Die Ergebnisse des ersten Durchlaufs werden laut Fromm-Lorenz nun ausgewertet – „und wir werden das Team von der IMC, das alle Fehler entdeckt hat, gebührend feiern“. Schon nach dem ersten Durchlauf sei klar: „Der Lerneffekt ist deutlich größer als bei einer Schulung, die aus Vorträgen besteht“, betont die Pflegedirektorin.

Fromm-Lorenz glaubt, dass Projekte wie der „Room of Error“ künftig noch relevanter werden, „weil der Klinik-Alltag stetig komplexer und die Zusammenarbeit im Team entsprechend wichtiger wird“. Das Projekt ist laut Prof. Schaumberg „eine effektive Vorbeugung, damit Fehler gar nicht erst passieren“. gri
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