Beim Auftaktvortrag zur häufigsten Betrugsmasche – den Schockanrufen – war auch eine 91-jährige Lübeckerin dabei. Sie ist Ende August Opfer von Betrügern geworden. Alles begann mit dem Anruf eines angeblichen Kripo-Beamten, der sie vor Einbrüchen in ihrem Viertel warnte und sagte, gleich käme ein Kollege vorbei, um sie genauer zu informieren.
„Ich habe ihn hereingelassen und wähnte mich in Sicherheit, weil ich ihn die ganze Zeit im Blick hatte“, erzählt die Lübeckerin. Doch der Mann hatte die Wohnungstür einen Spalt offen gelassen. Unbemerkt kam sein Komplize herein. Er stahl den gesamten Schmuck der 91-Jährigen und 13.000 Euro Bargeld. Seither hat die Seniorin „schlimme Alpträume“ und würde „am liebsten gar nicht mehr ans Telefon gehen“. Ihr Fazit nach der Infoveranstaltung: „Hätte ich das alles bloß vorher gewusst!“
Am häufigsten nehmen die Betrüger übers Telefon Kontakt auf. Der Anrufer gibt sich wahlweise als Polizist oder als Angehöriger aus und täuscht eine Einbruchsserie, einen Unfall oder eine andere Notlage vor und bittet irgendwann um Geld. Die Opfer würden emotional unter Druck gesetzt und mit einer Situation konfrontiert, die sie noch nie erlebt haben.
Methoden der BetrügerDas Vorgehen der Betrüger werde immer ausgereifter, „selbst Spezialisten haben mitunter Schwierigkeiten, einen Betrug als solchen auszumachen“, betont Ann-Kathrin Röttgerding, Geschäftsführerin des Kommunalen Präventionsrats der Hansestadt Lübeck.
Nach ihren Erfahrungen werden Senioren gerne als potenzielle Opfer ausgewählt, „weil sie häufig zu Hause sind, oft über Ersparnisse verfügen und sehr hilfsbereit sind“. Aus Scham würden nicht alle Vorfälle zur Anzeige gebracht und mitunter sogar vor Familie und Freunden verschwiegen. Mit der Vortragsreihe möchte der Präventionsrat in Zusammenarbeit mit der Polizei das Selbstbewusstsein der Senioren stärken.
Polizei rät: „Legen Sie auf,„Als Faustregel gilt: Sobald es um Geld geht und der Gesprächspartner Druck aufbaut, sollte das Telefonat oder Gespräch beendet werden“, sagt Silke Ziemann, Leiterin der Präventionsstelle der Polizei. Auch wenn man nicht auf den Betrugsversuch hereingefallen ist, sei es sinnvoll, die Polizei zu informieren. „So können wir Wellen und neue Maschen erkennen, gezielte Warnungen über die Medien veröffentlichen und Banken informieren, damit diese bei hohen Geldabbuchungen genau hinsehen“, erklärt die Polizistin.
Im ersten Halbjahr dieses Jahres seien bereits mehr Fälle gemeldet worden als im gesamten Vorjahr. Allein im April erbeuteten Betrüger in Lübeck innerhalb weniger Tage durch Schockanrufe 40.000 Euro.
Aktuell seien vermehrt falsche Telekom-Mitarbeiter unterwegs, die an der Haustür klingeln und Glasfaserverträge online abschließen wollen. Sie bitten die Opfer, auf einem angeblichen Telekom-Laptop ihre PIN einzugeben und lassen sich die EC-Karte geben. Die Opfer erhalten dann eine falsche Karte zurück und die Täter haben die echte Geldkarte plus PIN, erläutert Ziemann.
Wieder aufgeflammt sei auch eine Masche aus Corona-Zeiten. Schockanrufer geben sich als Ärzte aus und sagen, dass ein Angehöriger im Krankenhaus sei und dringend ein teures Medikament benötige, dass die Krankenkasse nicht bezahlen würde. Die Geldübergabe findet dann zum Beispiel vor einer Klinik statt.
Betrug mitDie Täter versuchten systematisch, alle Bedenken zu zerstreuen und überlisten so selbst skeptische Menschen. „Sie schlagen zum Beispiel vor, man solle, sobald das Freizeichen zu hören ist, die 110 anrufen und die Angaben überprüfen“, sagt Ziemann. Die Betrüger würden ein fingiertes Freizeichen einspielen und viele Opfer merkten in der Aufregung nicht, dass sie gar nicht aufgelegt hatten und nach dem Wählen der 110 immer noch mit dem Täter verbunden sind.
Polizistin Ziemann rät: „Egal wie plausibel die Geschichte klingen mag – legen Sie auf und rufen Sie dann selbst den Angehörigen an, der sie angeblich zuvor kontaktiert hat.“
Die weiteren Themen und Termine der Vortragsreihe:
■ „Dunkelheit ist Einbruchszeit“ am 11. November um 15 Uhr im Heiligen Geist Hospital
■ „Betrügereien per Post, WhatsApp und Mail“ am 9. Dezember um 15 Uhr im Jugendzentrum Burgtor
■ „Sicheres Gehen im Alter & Rollatoren sicher ausrüsten“ am 13. Januar um 15 Uhr im Jugendzentrum Burgtor
■ „Busfahren trotz Rollator oder Sehbeeinträchtigung“ (inklusive Übungseinheiten am Bus), am 10. Februar um 14 Uhr, Treffpunkt ist die Bushaltestelle „Fegefeuer“Der Eintritt zu den Veranstaltungen ist frei, Anmeldungen sind nicht erforderlich. Weitere Informationen finden Interessierte online unter www.luebeck.de/kpr.