Verglichen mit der letzten Verkehrsstudie aus dem Jahr 2017 ist der Anteil des Fahrrads am Verkehrsgeschehen um fast sechs Punkte angestiegen. Die meisten Wege werden in Lübeck weiterhin mit dem Auto zurückgelegt – nämlich 30,3 Prozent. Vor acht Jahren waren es noch 32,5 Prozent. Mitfahrer legten 2017 elf Prozent der Wege im Auto zurück, 2024 nur noch 7,4 Prozent.
21,9 Prozent der Wege werden zu Fuß zurückgelegt, 2017 waren es noch fast 25 Prozent. Die öffentlichen Verkehrsmittel kommen auf 14,4 Prozent, 2017 waren es 11,5 Prozent.
Infas hat für diese Mobilitätsstudie 2327 Bürger aus 1247 Lübecker Haushalten von Mitte Juni bis Anfang August 2024 befragt. „Insgesamt ist festzustellen, dass die Mobilität der Lübecker abgenommen hat“, schlussfolgert die Verwaltung aus den neuen Daten. 2024 legten die befragten Bürger durchschnittlich 2,9 Wege pro Tag zurück, 2017 waren es noch 3,2.
„Dieser Trend gilt deutschlandweit“, sagt die Verwaltung und führt das auf Verhaltensänderungen der Menschen infolge der Corona-Pandemie zurück: „Hierunter fallen die Möglichkeit von Telearbeit und Homeoffice, die gesteigerte Möglichkeit des digitalen Austauschs oder die Zunahme an Freizeitaktivitäten zu Hause.“
An Verkehrsmitteln mangelt es den Bürgern jedenfalls nicht. „Mehr als zwei Drittel der Haushalte besitzen mindestens ein Auto, ähnlich viele mindestens ein Fahrrad“, erklärt das Infas Institut, „in jedem fünften Haushalt ist auch mindestens ein Elektrofahrrad beziehungsweise Pedelec vorhanden.“ Nur fünf Prozent der Bürger würden weder über ein Auto noch ein Fahrrad verfügen.17 Prozent fahren nie mitIm öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nutzt demnach jede vierte Befragte am häufigsten das Deutschlandticket. „Mehrheitlich dominiert jedoch der Gebrauch von Einzel- und Mehrfachkarten“, sagt das Institut, „zudem geben 17 Prozent an, nie mit den Bussen oder Bahnen in der Region zu fahren.“ Carsharing-Angebote werden vor allem von Haushalten aus der Innenstadt genutzt.
Die Grünen sehen einen „klaren Trend zum Fahrrad“. Verkehrspolitiker Arne-Matz Ramcke: „Die aktuellen Daten aus der Mobilitätsbefragung sind äußerst positiv und zeigen, dass wir mehr Menschen für das ÖPNV-Angebot gewinnen konnten.“ Die Lübeckerinnen und Lübecker würden noch mehr Fahrrad fahren, wenn die Bedingungen besser wären, sagt Grünen-Politiker Sascha Peukert: „Das Projekt ‚Fahrradstraße Altstadt‘ wurde bereits 2019 als kurzfristige Maßnahme beschlossen, passiert ist jedoch noch nicht viel. Ebenso gibt es an den gefährlichsten Orten, dem Lindenteller und der Puppenbrücke, noch keine entscheidenden Veränderungen. Das muss sich zügig ändern.“
Die SPD-Verkehrspolitikerin Kristin Blankenburg sieht Lübeck ebenfalls auf dem richtigen Weg: „Der Umstieg auf das Fahrrad oder den ÖPNV durch attraktivere Angebote kann die Menschen motivieren. Es ist richtig, dem ÖPNV und dem Fahrradverkehr mehr Raum zu geben.“
Das Infas Institut hat auch das Mobilitätsverhalten in den Stadtteilen untersucht. „Befragte mit einer Anschrift in Buntekuh waren mit 40 Prozent Fußwegen am Stichtag besonders häufig ohne Verkehrsmittel unterwegs – dicht gefolgt von Befragten aus der Innenstadt mit 37 Prozent“, erklären die Autoren der Studie.
Befragte, die in Schlutup leben, hätten mit 38 Prozent der Wege am Stichtag besonders häufig den öffentlichen Verkehr gewählt, so das Institut. Auch Befragte aus Travemünde und der Innenstadt würden mit 29 beziehungsweise 25 Prozent Nutzung des öffentlichen Verkehrs über dem städtischen Durchschnitt liegen.
Die Bewohner von Moisling fahren zumeist mit dem Auto, sie legen 69 Prozent ihrer Wege mit dem Kraftfahrzeug zurück. Bürger, die in der Innenstadt wohnen, legen dagegen nur 13 Prozent der Wege mit dem Auto zurück. Die Bürger in St. Gertrud und St. Lorenz Süd steigen am häufigsten auf das Fahrrad. In St. Gertrud wurden 34 Prozent der Wege mit Rad oder Pedelec absolviert, in St. Lorenz Süd sogar 39 Prozent.
„Das Autofahren passt zur Lebenswirklichkeit der Menschen“, kommentiert der FDP-Fraktionschef Thorsten Fürter die Studie. „Wer die Kinder vor der Arbeit zur Kita fahren muss, für den bleibt das Auto das sinnvollste Verkehrsmittel.“ Gleichwohl stehe der Verkehr vor „revolutionären Veränderungen“. Das autonome Fahren werde schneller kommen, „als wir uns das vorstellen können“, sagt Fürter.
Für nicht wenige Lübecker ist Mobilität hingegen ein grundsätzliches Problem. 23 Prozent der Befragten gaben an, im Alltag häufiger auf Wege oder Aktivitäten verzichten zu müssen. Mal sind die Verkehrsmittel nicht gut zu erreichen, mal können sich Bürger die Verkehrsmittel finanziell nicht leisten. Vor allem Bürger ohne Auto verzichten des Öfteren auf Mobilität.