Warum der Zob
ein Angstraum bleibt
Hunderte Straftaten im Jahr – Anwohner: „Ständiges Bedrohungsgefühl“.

Wo es viele Menschen gibt, gibt es auch viele polizeiliche Einsätze. Das sagt die Lübecker Polizei zum Geschehen am Zob.Foto: Lutz Roeßler
Lübeck. Lübeck hat Angst. Gleich 26 sogenannte Angsträume haben die Lübecker 2020 in einer Online-Umfrage der Hansestadt Lübeck identifiziert. Vom Meesenplatz auf Marli über Parkanlagen in Buntekuh bis zum Spielplatz an der Kanalstraße: Die Räume, an denen sich die Lübecker nicht sicher fühlen, verteilten sich über das gesamte Stadtgebiet.

Am häufigsten genannt wurde die Lübecker Innenstadt. Gleich darauf folgte der Zob. An vielen dieser Orte ist das Angstgefühl wohl eher subjektiv. Für den Zentralen Omnibus Bahnhof (Zob) aber belegen die Zahlen der Polizei etwas anderes. Die Ordnungshüter haben in dem Areal Straftaten im „mittleren bis oberen dreistelligen Bereich“ registriert – allein in diesem Jahr.

Lübeck Zob,
Dienstagabend, 21 UhrWir machen den Test und besuchen den Lübecker Zob an einem Dienstagabend gegen 21 Uhr. Es wird schon dunkel, doch die Beleuchtung am Omnibusbahnhof ist noch nicht eingeschaltet. Die Menge an Menschen, die auf einen Bus warten: überschaubar.

Ein großer Haufen Mülltüten lehnt an einer Kioskwand. Ein Mann mit einem Pappbecher bittet die Wartenden um Kleingeld. Zwei Jugendliche sitzen auf einer Wartebank. Sie haben zwei Halbliterdosen Bier am Start und unterhalten sich lautstark darüber, woher sie ihre Drogen beziehen. Würziger Cannabisduft ist hier und da zu riechen.

Wer abends am Lübecker Zob auf einen Bus wartet, muss schon eine gewisse Gleichmütigkeit mitbringen. Wirklich gefährlich aber stellt sich das Bild nicht dar.

Doch das täuscht. Denn die Lübecker Polizei hat allein in den ersten sieben Monaten des Jahres 2025 mehrere hundert Straftaten am Zob gezählt. Wie viele es genau sind, lässt die Polizeidirektion Lübeck offen. Bei den vorliegenden Daten handele es sich um eine Momentaufnahme, lässt Polizeisprecherin Anna Julia Meyer wissen.

Vor allem Eigentumsdelikte registriert

Zudem sei die Auswertungsmethode nicht wirklich aussagefähig. Denn die Auswertung umfasst ein Areal von 300 Metern um den Zob herum. In die Statistik fallen damit auch Verkehrsdelikte. Was die Polizei aber sagen kann: „Den größten Anteil machen Eigentumsdelikte aus.“ Etwa 200 hat die Polizei in 2025 gezählt.

Etwas mehr als 100 Delikte stünden außerdem in Zusammenhang mit Betäubungsmitteln, dicht gefolgt von Körperverletzungen. Das Gute: Die Zahlen der Straftaten am Lübecker Zob gehen nach Angaben der Polizei zurück. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum seien etwa zehn Prozent weniger Straftaten registriert worden, sagt Anna Julia Meyer.

Stadtverwaltung will
Angsträume beseitigen

Geht das nicht besser? Immerhin hat die Stadtverwaltung 2021 versprochen, die in der Umfrage ermittelten Angsträume zu beseitigen. Nachgebessert wurde an einigen Orten – vor allem die fehlende oder fehlerhafte Beleuchtung. Am Zob sei auf LED-Beleuchtung umgerüstet worden, berichtet Nina Rehberg, die stellvertretende Pressesprecherin der Hansestadt Lübeck.

Ansonsten sei im Bereich der Grünanlage Konrad-Adenauer-Straße die Strauchbepflanzung ausgelichtet. Dadurch sei diese Grünanlage, in der sich viele drogenabhängige Menschen aufhalten, von allen Seiten besser einsehbar.

Anwohner: „Ständiges
Bedrohungsgefühl“Dennoch klagen Anwohner und Geschäftsleute immer wieder über die in ihren Augen unhaltbaren Zustände in der Gegend.Menschen berichten den LN von „permanenten Bedrohungssituationen und Stress“.Im Dezember 2024 machte ein Angriff auf Mitarbeiter des Herzenswärme-Busses am Hauptbahnhof Schlagzeilen.Ein Drogensüchtiger hatte zwei Frauen, die sich um Obdachlose kümmern, angegriffen und bespuckt.„Das Zusammentreffen vieler Menschen mit unterschiedlichen Interessen am Verkehrsknotenpunkt bedingt, dass es vermehrt zu polizeilichen Einsatzanlässen kommen kann“, kommentiert Anna Julia Meyer von der Polizei. Aus diesem Grunde sei die Polizei besonders präsent am Lübecker Zob. Einem Bereich, der Angst machen kann. Immer noch. op
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