Am 10. September wird weltweit an die Suizidprävention erinnert, die für die Telefon-Seelsorge Lübeck ein fester Bestandteil ihrer Arbeit ist. Im Jahr 2023 nahmen sich nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 10.304 Menschen das Leben.
Einsamkeit
als große Gefahr
„Damit sterben mehr Menschen durch Suizid als durch Verkehrsunfälle, Drogen oder Gewalttaten zusammen“, erklärt der Theologe. Besonders betroffen seien Männer: 72,6 Prozent der Fälle. Hinzu komme eine kaum weniger erschütternde Zahl: Jedes Jahr gibt es in Deutschland mehr als 100.000 Suizidversuche.„Diese Zahl macht deutlich, wie viele Menschen sich in einer tiefen Krise befinden – und wie dringend es ist, dass sie Gehör finden“, sagt Gottschalk. „Hinter all diesen Zahlen stehen immer Menschen, die am Leben verzweifeln. Und wir dürfen sie mit dieser Verzweiflung nicht alleinlassen“, betont der ehemalige Krankenhausseelsorger. Die Wurzeln der Telefon-Seelsorge reichen in die Nachkriegszeit nach England zurück. 1956 wurde die erste deutsche Stelle in Berlin gegründet, 1961 folgte Lübeck.
Mehr als 1 Million
Anrufe im Jahr
„In der Anfangszeit war das Sorgentelefon nur stundenweise besetzt – und das in einem Gartenhäuschen. Das mag man sich heute kaum vorstellen“, schaut Gottschalk zurück. Heute arbeiten in der Hansestadt mehr als 70 Ehrenamtliche. Bundesweit sind es rund 7900 an der Zahl.
Allein 2024 nahmen sie mehr als 1,3 Millionen Anrufe entgegen. „Über 22 Prozent unserer Gespräche drehen sich um Einsamkeit“, sagt Gottschalk. „Mehr als 60 Prozent der Anrufenden leben allein. Über 35 Prozent teilen uns mit, dass sie mit einer psychischen Erkrankung leben. Und mehr als sechs Prozent sprechen offen über Suizidgedanken. Das sind erschütternde Zahlen.“
Ein Gespräch kann
Hoffnung schenken
Gerade deshalb ist das Zuhören entscheidend. „Menschen mit Suizidgedanken können bei uns völlig anonym offen über ihre Gefühle sprechen – ohne bewertet zu werden“, betont Gottschalk. „Wir geben Ängsten Raum. Wir vertrösten nicht. Aber wir hören zu und halten mit aus.“Schon ein Gespräch könne Hoffnung schenken: „Manchmal ist es einfach die Möglichkeit, in geschützter Anonymität alles auszusprechen. Da wächst dann ein zartes Pflänzchen neuer Lebensmut“, erklärt er.
In akuten Fällen gehe die Hilfe auch über das Zuhören hinaus: „Wenn jemand in akuter Gefahr ist und uns freiwillig seinen Namen und seinen Aufenthaltsort nennt, rufen wir für ihn den Notruf. Oft bleiben wir so lange am Telefon, bis die Rettung eintrifft.“ Um dieses Angebot zu sichern, sucht die Telefon-Seelsorge Lübeck wieder Verstärkung. „Das Ehrenamt hier ist zutiefst sinnvoll und erfüllend“, sagt Gottschalk. „Aber es braucht Lebenserfahrung, Empathie, Offenheit – und auch eine gewisse eigene Stabilität.“
Neuer
Ausbildungskursus
Jetzt im Herbst startet ein neuer Ausbildungskursus. Interessierte können sich bis Ende September unter Telefon 0451/30 24 81 oder per Mail an fgottschalk@kirche-LL.de melden.