Telekom baut öffentliche Telefone ab
Das Handy besiegelte ihr Schicksal – Kaum noch Einnahmen, aber hohe Betriebskosten und viel Vandalismus

Die Absperrung um eine der letzten Telefonsäulen in Lübeck deutet es an: Die Apparate der Telekom AG werden abgebaut. Bis Ende des Jahres will das Unternehmen die unwirtschaftlichen Telefone aus Lübeck entfernt haben.Foto: Holger Kröger
Lübeck. Nach 144 Jahren ist Schluss. Die letzten öffentlichen Telefone werden von der Deutschen Telekom AG abgebaut. Die Apparate prägten einst als Telefonzellen und seit der Jahrtausendwende meist nur noch als Telefonsäulen die Stadtbilder in Deutschland. Jetzt verschwinden sie auch in Lübeck endgültig.

In der Königsstraße in der Altstadt stehen Absperrbarken um die Telefonsäule mit den pinken Akzenten. Der Telefonhörer fehlt schon. Funktionstüchtig ist die Anlage also nicht mehr. Rund um den nostalgischen Fernsprecher haben Bauarbeiter gegraben. Die Stromzufuhr wird gekappt und entfernt. Bald wird an dieser Stelle nichts mehr an die Telefonsäule erinnern.

Der Grund für das Verschwinden der Apparate: Die Telefonzelle hat einen natürlichen Feind bekommen – das Handy. Das sagt auch Stefanie Halle, Pressesprecherin der Telekom AG, auf LN-Anfrage: „Mit dem Mobilfunk und dem Handy hat jeder seine ‚persönliche Telefonzelle‘ dabei. Die Nutzung der öffentlichen Telefonie ging mit dem stetigen Mobilfunkausbau und dem Siegeszug des Handys gegen null.“

Die Folge für die Telefonzelle: Sie ist unwirtschaftlich. „Die Unterhaltskosten standen in keinem Verhältnis zu den Einnahmen“, erklärt Halle. Die Betriebskosten – die Standmiete, die Reinigung und die immer wiederkehrenden Kosten für die Beseitigung von Schäden durch Vandalismus und Diebstahl – würden die Einnahmen übersteigen.

Ein öffentliches Telefon verbraucht zudem zwischen 500 und 1250 Kilowattstunden im Jahr. „Mit der Abschaltung der ungenutzten Technik lassen sich so zwischen sechs und 15 Millionen Kilowattstunden jährlich einsparen. Das entspricht dem Stromverbrauch von mehreren Tausend Wohnungen“, erläutert Halle. Unter anderem deswegen werden die Telefone im Einvernehmen mit den Kommunen zurückgebaut.

Geld und Storm einsparen – das erhofft sich die Telekom AG mit dem Rückbau.Eine Verpflichtung zum Betrieb öffentlicher Telefone besteht seit der Änderung des Telekommunikationsgesetzes Ende 2021 nicht mehr.Deshalb sollen die 12.000 übrigen Telefonzellen in Deutschland bis Ende 2025 abgebaut sein. Wie viele noch in Lübeck und Umgebung stehen, kann Stefanie Halle nicht sagen. Dafür ist aber genau bekannt, wo die Telefonzelle vor 144 Jahren ihre Geburtsstunde hatte: Der erste sogenannte Fernsprecherkiosk, der Vorgänger der öffentlichen Apparate, wurde 1881 in Berlin aufgestellt. Noch heute steht das gelbe Fernsprechhäuschen FeH32 in Berlin-Lübars. Ein Letztes seiner Art. kst
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