Tafel Lübeck: Lieferservice
für Ältere und Kranke
Verein versorgt 4000 Menschen – Nicht alle schaffen es zu den Ausgabestellen

Jörg Naujokat (l., 66) und Udo Landwehr (72) liefern die Lebensmittel der Tafel ins Haus. Sie werden von K. Greim freudig erwartet.Fotos: Lutz Roessler
Lübeck. Es ist ein Donnerstag, 14 Uhr, in St. Lorenz Süd: Jörg Naujokat und Udo Landwehr fahren mit einem Sprinter der Lübecker Tafel zu einem Mehrfamilienhaus und laden eine schwarze Kiste mit Lebensmitteln aus. Sie klingeln bei K. Greim, der sie freudig begrüßt (seinen vollständigen Namen möchte er nicht öffentlich machen). Der 57-Jährige ist einer von knapp 30 Kunden, die aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Ausgabestelle kommen können, sondern einmal wöchentlich von der Tafel mit Lebensmitteln beliefert werden.

Gemeinsam mit Tafel-Chef Uwe Eschert hatten die beiden ehrenamtlichen Helfer Naujokat und Landwehr bereits im vergangenen Jahr den Anstoß für den neuen Service gegeben. Doch es brauchte seine Zeit, alle Tafel-Mitglieder von der Idee zu überzeugen und den regelmäßigen Lieferservice zu planen.

In der Vergangenheit hätten einzelne Mitarbeiter der verschiedenen Ausgabestellen mit ihren privaten Pkw alte und kranke Kunden im Notfall beliefert. Doch das gehe und reiche auf Dauer nicht, sagt Escher. Der 70-Jährige, der seit 2022 Vorsitzender des Vereins Tafel Lübeck ist, hat festgestellt: „Die Kunden, die wir beliefern, sind ein Spiegelbild unserer Gesellschaft: älter, physisch oder psychisch eingeschränkt, einsam.“

Der Bedarf nach dem Lieferservice sei riesig. „Aber da wir die Lebensmittel, die wir ausliefern, unseren Ausgabestellen abzwacken, haben wir unsere Grenzen.“ Ohnehin habe sich die Zahl der Tafelkunden seit Corona und Beginn des Krieges gegen die Ukraine verdoppelt.

Auch Fahrzeuge und Fahrer müssen ausreichend vorhanden sein. Im März wurde einer von sieben Tafel-Sprintern in Moisling gestohlen. „Über großzügige Spenden konnten wir glücklicherweise ein Leihfahrzeug finanzieren“, sagt Escher.

Weil der Bedarf nach Lieferung an die Haustür so groß ist, prüfen die Verantwortlichen der Tafel sehr genau, wer die Möglichkeit hat, eventuell Freunde oder Angehörige zur Ausgabestelle zu schicken – und wem sie diesen Service anbieten müssen. Bei Greim war schnell klar, dass es für ihn keine andere Möglichkeit gibt. Er lebt allein, hat nach einer verschleppten Lungenentzündung und drei Operationen nur noch einen Lungenflügel. Dadurch kann er nur kurze Strecken gehen und nicht schwer tragen.

Als Naujokat und Landwehr ihm an diesem Tag eine Kiste mit Obst, Gemüse, einer Fertigpizza und etwas Brot übergeben, ist der 57-Jährige glücklich – nicht nur wegen der Lebensmittel. „Ein toller Service, ich freue mich, wenn ich Ihre Gesichter sehe und ein bisschen mit Ihnen plaudern kann“, sagt er zu den Fahrern. Als er ihnen einen Kaffee anbietet, lehnen sie dankend ab: „Wir müssen leider weiter“, sagt Naujokat. Mit vielen Kunden würden sie gern länger plaudern, doch dafür reiche die Zeit nicht.

300 ehrenamtliche Tafel-Mitarbeiter versorgen jede Woche etwa 4000 bedürftige Menschen in Lübeck in den Ausgabestellen am Kolberger Platz, in Eichholz, Kücknitz und Travemünde mit Lebensmitteln. Der Fahrdienst sammelt, um die Ausgabestellen beliefern zu können, täglich sechs bis neun Tonnen Lebensmittel ein.

Noch schafft es die Lübecker Tafel, ausreichend Lebensmittel zu sammeln. Doch die Zahl der Kunden steigt. Und die Fahrzeuge, mit denen die Waren transportiert werden, müssen nach und nach ersetzt werden – es gibt also permanent neue Herausforderungen für den 1996 gegründeten Verein. Doch Vorsitzender Uwe Escher, der an diesem Tag mit bei Greim vorbeischaut, denkt positiv. Zu Greim sagt er: „Wenn ich Sie so erlebe, motiviert mich das total.“ und sr
Druckansicht