„Musik ist die gemeinsame Klammer“, so die studierte Bratschistin, „aber wir sprechen über vieles.“ Daneben besuchen sie gemeinsam den Lübecker Weihnachtsmarkt, Cafés oder Konzerte an der Musikhochschule, unternehmen Fahrradtouren. Beim gemeinsamen Musizieren spielen sie sowohl brasilianische als auch europäische Musik an Bratsche und Geige. Auch beim letzten Sommerfest des Projekts Sprachpartnerschaften sorgte das Duo mit seinem temperamentvollen Auftritt für Unterhaltung. Der brasilianische Klassiker ,Tico-Tico‘, benannt nach einem in Südamerika vorkommenden Vogel, durfte dabei nicht fehlen. „Das Stück ist ein Choro“, erklärt Tiago Cosmo da Silva, „das Wort bedeutet übersetzt eigentlich ,Weinen‘.“ Der Musikstil aus seiner Heimatstadt Rio de Janeiro ist eine Fusion aus populärer europäischer Musik des 19. Jahrhunderts und der Musik afrikanischer Sklaven.
Cosmo da Silva zog vor fünf Jahren mit seiner deutschen Frau nach Lübeck, lebt mit seiner jungen Familie in einer Wohnung der evangelischen Kirchengemeinde Wichern. Das Ehepaar unterstützt die Gottesdienste dort regelmäßig musikalisch. Aktuell macht Cosmo da Silva eine Weiterbildung in musikalischer Früherziehung, besucht mit seiner Geige verschiedene Kindergärten. Auch die Rentnerin Ina Beyer hat Erfahrung damit, Kindern Musik näherzubringen, leitete eine Musikschule und unterrichtete an mehreren Grundschulen.
Gesprächsthemen ergeben sich bei so vielen Gemeinsamkeiten von ganz allein. Wie nebenbei verbessert der Brasilianer dabei sein Deutsch. „Ich korrigiere ihn bewusst eher wenig“, so Ina Beyer. „Es ist kein Unterricht, das Sprechen soll flüssiger werden und vor allem Spaß machen.“ Ina Beyer ist fasziniert von den Erzählungen ihres Sprachpartners: „Ich erfahre viel über Tiagos Erfahrungen in Rio, inzwischen habe ich fest vor, irgendwann selbst dorthin zu reisen. Manche Treffen dauern drei Stunden, dafür können wir uns nicht immer jede Woche treffen.“
Tiago Cosmo da Silva ist in einer Favela aufgewachsen, einem Armenviertel. Über die Musik konnte er sich aber aus dieser Umgebung befreien. „Mit zehn Jahren wollte ich Geige spielen“, berichtet er. Das habe ich dann nicht nur in meinem Viertel getan, sondern auch in den besseren Vierteln.“ Später leitete er Jugendstreicher-Projekte. So hat seine Musik soziale Grenzen überwunden.
Der Wahl-Lübecker ist fest entschlossen, seine B2-Sprachprüfung zu bestehen. „Das ist mir sehr wichtig, um hier in Deutschland gute berufliche Perspektiven zu haben. Ina hilft mir dabei und gibt mir Sicherheit.“ Ina Beyer bringt es auf den Punkt: „Unsere Sprachpartnerschaft ist eine Win-win-Situation.“ Das Projektteam freut sich über deutschsprachige Ehrenamtliche.Kontakt: