Ein Blick auf die virtuelle Karte der Entsorgungsbetriebe Lübeck zeigt das Problem: Der Westen und der Süden Lübecks sowie die Innenstadt sind relativ gut bestückt mit Ausgabestellen für Gelbe Säcke. Der Osten der Stadt aber ist ein weißer Fleck, was die Verteilung der Beutel betrifft. Denn offiziell gibt es im Stadtteil St. Gertrud nur eine Ausgabestelle.
Wer in St. Gertrud Gelbe Säcke haben möchte, muss fast bis an den Stadtrand fahren. Die einzige Ausgabestelle des Stadtteils ist bei Veolia in der Grootkoppel. Nur wenige Meter dahinter beginnt das Lauerholz. Vor der Geschäftsstelle herrscht viel Verkehr. Schwere Lkw rangieren, vor dem Gelände halten immer wieder Pkw.
Menschen gehen zu einem kleinen Schalterhäuschen, wenige Sekunden später kommen sie mit einer Rolle Gelber Säcke wieder. „Was aber tun Menschen, die nicht mobil sind?“, fragt Kathrin Hering. „Wie kommen die da hinten raus, um sich Gelbe Säcke zu holen?“ Die Vorsitzende des Vereins „Wir auf Marli“ ist richtig in Brass. Hering sieht die Versorgung St. Gertruds mit Gelben Säcken gefährdet.
Denn der Stadtteil ist groß. Er umfasst nahezu den gesamten Osten der Hansestadt. Zu St. Gertrud gehören die Bezirke Israelsdorf, Karlshof, Gothmund, Burgtor sowie Marli/Brandenbaum. „Für den Stadtteil gibt es nur die Ausgabestelle bei Veolia in der Grootkoppel“, erklärt Cornelia Tews, Sprecherin der Entsorgungsbetriebe Lübeck (EBL).
Kathrin Hering hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, um noch mehr Ausgabestellen im Stadtteil einzuwerben – in enger Absprache mit Veolia. Das Unternehmen bestätigt, dass es Interessenten für neue Verteilstellen hat. Mündliche Zusagen gibt es laut Hering schon: Mindestens drei Unternehmen, Vereine, Kioske, die über den gesamten Stadtteil verteilt sind, seien im Boot, so Hering. Sie könnten künftig helfen, die Gelben Säcke zu verteilen.
Eine Hilfe, die nicht selbstverständlich ist. Denn für die Stellen bedeutet die Verteilung einen hohen Aufwand. Außerdem müssen Lagerkapazitäten bereitgestellt werden. Eine finanzielle Entschädigung gibt es dafür nicht. Und: Die Verteilstellen müssen mit der Firma Veolia eine vertragliche Vereinbarung abschließen, die nur zum Jahresende kündbar ist. Im Vertrag findet sich auch die Klausel, dass pro Person nur eine Rolle Gelber Säcke ausgegeben werden darf.
„Die Leute nutzen die Beutel mittlerweile für alles mögliche“, hat Cornelia Tews von den EBL beobachtet. „Sie nehmen sie, um ihr Pfandgut darin wegzubringen oder um beim Umzug Klamotten damit zu transportieren. Dafür sind die Säcke aber nicht gemacht.“ Der Verbrauch der Müllbeutel sei exorbitant hoch, so die EBL.
Tews verweist darauf, dass es die Rollen mit den Beuteln am Abholtag der gefüllten Säcke auch an den Veolia-Fahrzeugen gibt. Außerdem verteile auch das EBL-Schadstoffmobil, das regelmäßig in die Stadtteile kommt, die Säcke. Damit sei der Stadtteil eigentlich gut abgedeckt, so Tews.
„Weltfremd“, findet Kathrin Hering diese Aussage. Gerade alte Leute hätten große Schwierigkeiten, an die Säcke zu kommen. Kathrin Hering will dafür kämpfen, dass sich das bald ändert. Wenn ihre Initiative Erfolg hat, sieht die Karte mit den Verteilstellen bald anders aus.