Rainer Würtz aus der Blücherstraße (St. Jürgen) hat mit einigen Nachbarn eine Bürgerinitiative gegründet und schon weit über 400 Unterschriften gesammelt. Er beklagt sich darüber, dass die Stadt die Anwohner nicht einbezogen hat und die Parkpraxis im Viertel über Nacht verändert hat. „Die Parkverbotsschilder hängen dort seit 50 Jahren. Und seit 50 Jahren wurde das Parken dort nicht geahndet.“ Jetzt würden 55-Euro-Strafzettel verteilt.
In der vergangenen Woche sei das Parkverbot in ein absolutes Halteverbot umgewandelt worden. „Jetzt können wir nicht einmal mehr die Einkäufe ausladen.“ Der Verdruss sei groß. Rainer Würtz schätzt, dass im gesamten Viertel rund 120 Stellplätze weggefallen sind. Die Verwaltung sollte mit den Bürgern vor Ort sprechen. „Wir Anwohner haben Ideen.“
Auch aus der Seydlitzstraße waren Zuhörer gekommen. Ein Anwohner schilderte, dass nach 19 Uhr kein Parkplatz mehr zu finden sei. Eine Nachbarin hat Gehwege und Fahrbahnbreiten im Viertel gemessen und kam meist auf knapp zwei Meter bei den Fußwegen und sechs Meter bei den Fahrbahnen. „Wenn man 50 Zentimeter von jedem Gehweg fürs Parken wegnimmt, ist genug Platz da.“ Immer wieder verwiesen Anwohner auf das Falkenwiese-Viertel, wo es vor zehn Jahren die gleiche Debatte gegeben hatte. Seinerzeit war dort das Parken mit zwei Rädern auf dem Gehweg gestattet worden.
Doch es gibt auch andere Stimmen. Mehrere Zuhörer lobten das Vorgehen der Stadt. Eine Anwohnerin der Yorckstraße hat beobachtet, dass Menschen mit Rollator oder mit Kinderwagen wegen der parkenden Autos auf die Fahrbahn ausweichen mussten, weil der Gehweg vollgeparkt war. Manche Autofahrer hätten rücksichtslos geparkt. „So, wie es war, ging es für die anderen Verkehrsteilnehmer nicht.“ Sie wünscht sich, dass die Gehwege frei bleiben.
Katja Mentz, GAL-Politikerin und Anwohnerin der Percevalstraße, sieht den damaligen Kompromiss im Falkenwiese-Viertel kritisch. „Die Autos werden immer größer und breiter.“ Sie hat beobachtet, wie die Feuerwehr bei einem Einsatz im Viertel nur zentimeterweise vorangekommen sei. Für Menschen, die nicht täglich ein Auto benötigen, empfiehlt Katja Mentz den Carsharing-Anbieter Stattauto: „Das klappt gut.“
Barbara Wenzel vom Bereich Stadtgrün und Verkehr erklärte, dass die Stadt im Rahmen der Gefahrenabwehr schnell handeln musste. Es habe Beschwerden der Feuerwehr gegeben. Kein Sachbearbeiter der Verwaltung treffe solche Entscheidungen allein, auch die Polizei werde mit einbezogen. Die Stadt prüfe stets das Gehwegparken. Das Quartier an der Wakenitz sei jedoch sehr ungünstig.
Der Bereich Stadtgrün und Verkehr habe so handeln müssen, sagte Christian Stolte vom Bereich Stadtplanung. „Leider ist es nicht immer möglich, gleich eine Lösung parat zu haben.“ Die Meinungen der Bürger gingen auseinander – manche wollen viele Parkplätze, andere freie Fußwege und mehr Aufenthaltsqualität. Die Stadt habe ein Eckpunktepapier Parkenals Grundlage vorgelegt. Nun müsse die Bürgerschaft die Diskussion führen, in welche Richtung es gehen soll. „So mal eben lässt sich ein Problem, das sich über Jahrzehnte aufgebaut hat, leider nicht lösen.“„Sicherheit geht vor“, sagt auch der FDP-Fraktionschef Thorsten Fürter, der die Veranstaltung moderierte. „Das ist auch im Interesse der Anwohner.“ Deswegen werde die FDP nicht in der Bürgerschaft beantragen, dass die Autos da wieder parken sollen. „Aber die Menschen brauchen Antworten.“
Ist der Bau von Quartiersgaragen ein Ausweg? „Rund um die Innenstadt gibt es wenig unbebaute Flächen“, sagt Thorsten Fürter. Ralph Bruns, Prokurist bei der KWL Lübeck, gab zu bedenken, dass Quartiersgaragen nicht wirtschaftlich zu betreiben seien. Eine weitere Möglichkeit sei, sagt Stolte, Verbrauchermärkte anzusprechen, ob dort nachts geparkt werden dürfe. „Das kann hier und da mal gelingen.“
Eine Anwohnerin aus der Seydlitzstraße wünschte sich Anwohnerparken. Barbara Wenzel gab zu bedenken, dass tagsüber 50 Prozent der Parkplätze für die Allgemeinheit nutzbar sein müssen und nachts 25 Prozent. „Die Flächen würden nie zu 100 Prozent den Anwohnern zur Verfügung stehen.“ Die Stadt prüfe aktuell die Ausweisung von Bewohnerparken rund um den Hauptbahnhof und am UKSH, sagt Christian Stolte. „Wir sind dran und werden noch in diesem Jahr etwas vorzeigen können.“
„Alle haben berechtigte Interessen“, sagte Thorsten Fürter zum Abschluss. „Der Job der Stadt ist nicht immer einfach.“