2007 kam Heiko von Kiedrowski in die Kirchengemeinde in St. Jürgen in Lübeck. „Die Fusion aus vier Kirchengemeinden war erst zwei Jahre her und ich war der erste Pastor, der für die ganze Kirchengemeinde in St. Jürgen gewählt wurde – sprich: die gesamte Gemeinde im Blick haben konnte und nicht nur den einzelnen Bezirk“, erinnert sich der Seelsorger.
Rückblickend sagt er, dass sich die Kirche seither in einem permanenten Veränderungsprozess befinde. „Die Kirche, wegen der ich mich in den 1980erJahren entschieden hatte, Theologie zu studieren, gab es schon nicht mehr. Seit Dienstbeginn begleitet mich „Change Management“. Aber wenn sich Menschen darauf einlassen, eröffnet das auch Gestaltungsspielräume“, betont Heiko von Kiedrowski.
Ihm sei stets wichtig gewesen, im Prozess der Veränderung die Herausforderungen anzupacken. „Ich mag es nicht, mich ins Jammertal zu hocken und zu sagen, wir werden immer weniger, kleiner und haben gar kein Geld mehr. Das hilft niemandem, schon gar nicht einer Kirchengemeinde.“ Viel wichtiger sei, in solchen Momenten der Frage nachzugehen, was man mit den vorhandenen Mitteln machen kann, um ein aktives Gemeindeleben zu gestalten.
Die vergangenen zwölf Monate, in denen er immer wieder als Vorsitzender des Kirchengemeinderates wegen des geplanten Gebäudekonzeptes öffentlich in der Kritik stand, bezeichnet Heiko von Kiedrowski als belastend. „Ein Teil der Aufgabe von Pastor:innen ist die Leitung. Und in schwierigen Zeiten wird diese Aufgabe mitunter auch mal hässlich“, sagt der Seelsorger. Und: „Ich glaube, jeder Berufsanfänger hat am Anfang seiner Laufbahn das Gefühl, ich schaff es, das mich alle lieben, weil ich es ja gut meine mit den Menschen. Ich meine es bis zum heutigen Tag gut mit den Menschen, aber ich habe gelernt, dass mich trotzdem nicht alle lieben. Weil ich manchmal für Dinge verantwortlich gemacht werde, für die ich nichts kann, die einfach umgesetzt werden müssen.“
Dass Heiko von Kiedrowski jetzt einen neuen beruflichen Weg einschlägt, habe nichts mit der Kritik an der geplanten Schließung von zwei Kirchen in St. Jürgen zu tun. „Tatsächlich bin ich in den vergangenen Jahren mehrfach gefragt worden, ob ich mir nicht vorstellen könnte, eine der Stellen als Radiopastor zu übernehmen. Das habe ich immer abgelehnt - mit den Worten, man möge mich noch einmal fragen, wenn der Leiter des Rundfunkreferats in Ruhestand geht. Naja, und genau das ist nun passiert. Tatsächlich war das Timing für diesen Wechsel nicht optimal, aber es gibt wirklich keinen Zusammenhang.“
Heiko von Kiedrowski wird am 14. Januar 2024 als Pastor der Kirchengemeinde in St. Jürgen offiziell in einem Gottesdienst verabschiedet. Beginn ist um 14 Uhr in der St.-Martin-Kirche.
Bei der „Evangelischen Kirche im NDR“ tritt der 53-Jährige die Nachfolge von Pastor Jan Dieckmann an, der nach 25 Jahren in den Ruhestand verabschiedet wird.