Aktuell hat Lübeck 170 freie Unterbringungsmöglichkeiten. Kurzfristig würden 40 bis 80 Plätze in angemieteten kleineren Einheiten geschaffen. Geplant sei zudem für Anfang 2024 die Inbetriebnahme weiterer Gemeinschaftsunterkünfte mit je 120 Plätzen. „Selbst bei der Prognose von weiterhin hohen Zuweisungszahlen im ersten Quartal 2024 ist die Hansestadt Lübeck gut aufgestellt“, sagte Steinrücke. Die Lage sei in anderen Städten deutlich gravierender als in Lübeck.
Im vierten Quartal dieses Jahres gibt es für Lübeck voraussichtlich eine leichte Entspannung. Das Land hatte am 9. Oktober für die Hansestadt den Zuzug von 350 Geflüchteten bis Jahresende in Aussicht gestellt. Bis zum 6. November sind laut Verwaltung 138 Personen angekommen. Aktuell seien 34 weitere bis Ende November angekündigt. Es sei fraglich, ob die noch ausstehenden 178 Personen bis zum Jahresende überhaupt noch zugewiesen werden, sagte Steinrücke. Eine Nachfrage beim Land habe ergeben, dass weniger Flüchtlinge angekommen seien als prognostiziert.
In diesem Jahr habe Lübeck bislang 892 Menschen untergebracht. Im Vorjahr sind es noch 1320 gewesen – vor allem Ukrainer. In den Jahren davor waren es im Schnitt etwa 400. Zum Vergleich: Während der Flüchtlingskrise im Jahr 2016 hatte Lübeck 1216 Menschen aufgenommen. Durchschnittlich gebe es 50 Auszüge pro Monat. „Das Land hat angekündigt, geflüchtete Menschen ohne Bleibeperspektive nicht mehr in die Kommunen zu verteilen“, teilte die Stadtverwaltung mit. „Hier erwarten wir vom Sozialministerium, dass dieses Versprechen umgehend umgesetzt wird und die Kommunen vom Land zukünftig stärker entlastet werden.“
Ministeriumssprecher Patrick Tiede bestätigte den LN, dass Land und kommunale Spitzenverbände am 9. Oktober beim Migrationsgipfel in Kiel vereinbart hätten, dass Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive nicht mehr auf die Kommunen verteilt werden. „Das ist eine Entlastung“, sagte er. Wie groß sie genau ist, lasse sich nicht beziffern. Diese Menschen würden nun in den Erstaufnahmen beziehungsweise den Landesunterkünften untergebracht. Aktuell verfügt das Land in Neumünster, Boostedt, Bad Segeberg, Seeth, Rendsburg und Glückstadt über zusammen 7800 Plätze, von denen 5800 aktuell belegt sind.
In der Erstaufnahme in Neumünster sollen zeitnah 200 zusätzliche Plätze entstehen. In Kiel wird am Montag eine weitere Landesunterkunft in Betrieb gehen und perspektivisch bis zu 600 Menschen aufnehmen. „Wir setzen unseren Weg fort, bis zu 10 000 Plätze im Land für die Erstaufnahme von Geflüchteten bereitzustellen“, sagte Sozialministerin Aminata Touré (Grüne). Auch über neue Standorte werde beraten. Tiede berichtete zudem, dass das Land den Kommunen ab 1. Dezember Flüchtlinge mit einer Frist von vier Wochen ankündigen werde. Bislang waren es drei.
Eine langfristige Vorhersage, wie sich die Zahlen entwickeln werden, gibt es nicht. Bei der Ministerpräsidentenkonferenz am 7. November habe der Bund in Aussicht gestellt, den Ländern eine Prognose an die Hand zu geben. „Die legt aber noch nicht vor“, sagte Patrick Tiede. Das Land gehe aber von einem erheblichen Zugang aus. „Die Lage ist weiterhin herausfordernd.“