Die Bürgerschaft hat Ende September in nicht-öffentlicher Sitzung das Vermarktungskonzept genehmigt. Ab zweitem Quartal kommenden Jahres werden die Grundstücke ausgeschrieben. Zum Jahresbeginn 2024 werden neue Bodenrichtwerte ermittelt, die in die Preisbildung eingehen. Insgesamt entstehen auf dem Areal 400 bis 440 Wohnungen, davon werden über 120 Sozialwohnungen sein.
Das Wohngebiet unterliegt diversen politischen Auflagen. So sollen von den gut 90 Wohneinheiten in Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäusern 60 Prozent an Familien mit mindestens einem minderjährigen Kind, das im Haushalt lebt, vergeben werden. Diese Auflage wurde im Mai 2022 beschlossen.
Alle Wohneinheiten werden verpflichtend an ein kaltes Nahwärmesystem angeschlossen, das von einer Tochterfirma der Stadtwerke Lübeck gebaut wird. Kalte Nahwärmenetze arbeiten mit geringen Vorlauftemperaturen und können auch zur Kühlung von Häusern genutzt werden. Das Netz wird mit Erdwärme gespeist, die durch Erdsonden aus 200 Metern Tiefe gewonnen und mithilfe von elektrisch angetriebenen Wärmepumpen nutzbar gemacht wird.
Die Hausdächer müssen begrünt werden und Platz für Photovoltaik- oder Solarthermieanlagen lassen. Die Häuser müssen energieeffizient gebaut sein. Die Regenentwässerung des Wohngebiets wird über Sickerflächen nach dem Vorbild von Schwammstädten vorgenommen.
Das Wohngebiet liegt gut drei Kilometer von der Altstadt entfernt und in der Nähe des Kaufhofs mit seinen Einzelhandelsgeschäften und Arztpraxen. Es gibt in der Umgebung mehrere Schulen. Im Wohngebiet wird eine neue Kita mit vier Gruppen errichtet. In der Schlutuper Straße fährt die Buslinie 3 des Stadtverkehrs. Im Wohngebiet gibt es eine Quartiersgarage.
Die Erschließungsarbeiten für das neue Quartier sollen im ersten Quartal 2024 starten. Die Kosten werden nach LN-Informationen auf rund 15 Millionen Euro geschätzt. „Die Planungen umfassen sämtliche Ver- und Entsorgungsmaßnahmen, inklusive des kalten Nahwärmesystems und der Entwässerung für Schmutz- und Regenwasser, die Anlage sämtlicher Platz- und Grünflächen sowie die komplette Erschließung mit der Ringstraße und alle öffentlichen Wege“, erklärt die Stadtverwaltung. Mit der Generalplanung wurde das Mecklenburgische Ingenieurbüro für Verkehrsbau beauftragt.
Die Bauherren können nach dem Grundstückskauf und dem Abschluss der Erschließungsarbeiten loslegen. Das wird laut Verwaltung etwa Mitte des Jahres 2025 sein. Dann seien viel zu viele Jahre seit den ersten Plänen ins Land gegangen, kritisiert die CDU. Im September 2016 beschloss die Bürgerschaft, dass hier ein neues Wohngebiet entstehen soll. CDU-Fraktionschef Christopher Lötsch: „Seit einem Jahr könnte das Baugebiet vermarktet und erschlossen worden sein.“ Mehr als 400 Wohnungen – darunter mehr als 120 geförderte Wohnungen – könnten schon gebaut sein, wenn das Verfahren schneller durchgeführt worden wäre.
Die Verwaltung rechtfertigt die lange Verfahrensdauer mit dem „besonderen, nachhaltigen Versorgungskonzept, das erstmalig umgesetzt wird“. Das sei für alle Beteiligten Neuland. Parallel zum Bebauungsplanverfahren sei die ehemalige Kleingartenanlage abgerissen worden, zudem sei das Gelände auf Altlasten geprüft und eine kleinere Altlast beseitigt worden. Mit aufwendigen Bohrungen sei untersucht worden, ob es genug Erdwärme gibt. Weiterhin hätten archäologische Untersuchungen stattgefunden.
„Die Verfahren dauern zu lange“, kritisiert Lötsch. „Zwischen dem eigentlichen Beschluss eines Bebauungsplans und der tatsächlichen Bebauung vergehen Jahre.“ Während SPD und Seniorenbeirat sich für höhere Quoten an Sozialwohnungen in Neubaugebieten einsetzen, will die CDU, dass insgesamt in Lübeck schneller gebaut wird.
Platz genug für neue Wohnungen gibt es laut Bauverwaltung noch. Der Wohnungsmarktbericht 2022 weist Flächen für 7300 Wohneinheiten aus. 6500 zusätzliche Wohnungen werden demnach bis 2040 benötigt. Wie angespannt die aktuelle Lage ist, zeigt der Wohnungsmarktbericht ebenfalls auf. Danach beträgt die Leerstandsquote – also die Zahl der leer stehenden Wohnungen im Verhältnis zum Gesamtbestand – nur noch 0,6 Prozent. Mietervereine sprechen bei Quoten von unter zwei Prozent von Wohnungsknappheit und bei unter einem Prozent von Wohnungsnot.
Weiteres Indiz für Wohnungsnot: Seit 2016 sinkt die Zahl der innerstädtischen Umzüge kontinuierlich. Stadtplaner Christian Stolte: „Möglicherweise finden Menschen einfach keine neue Wohnung, oder die Mieten sind ihnen zu teuer.“