Wenn im Kino die Stricknadeln klappern
Handarbeiten ist wieder in: Mehr als 150 Leute sind zum Event ins Filmhaus in Lübeck
gekommen – Nächster Termin am 21. Januar.

Als das Vorprogramm beginnt, sind alle Plätze belegt. Özgül Yilmazel (35) strickt einen Loop. „Schön einfach“, sagt sie, bevor der Weihnachtsfilm-Klassiker „Tatsächlich ... Liebe“ läuft.Foto: Agentur 54°
Lübeck. Marten Handzsuj (31) sitzt neben Alina Borsutzky (27) im großen Kinosaal im Filmhaus Lübeck beim 3. CineStricken. Beide halten Stricknadeln und dunkle Wolle für einen Pullover in den Händen. Auf allen anderen mehr als 150 roten Sesseln sitzen ebenfalls Menschen, die stricken, häkeln oder sogar sticken. Das Licht ist gedämpft, es wird geplaudert, und bis zum Start des Filmklassikers „Tatsächlich ... Liebe“ sind noch ein paar Minuten Zeit.

„Ich habe das mit dem Stricken, für uns beide, letztes Jahr sogar initiiert, dann aber den Faden verloren“, sagt Marten Handzsuj. Da lachen sie beide. Das passt zur Stimmung im Saal. Es ist bestrickend, wie Leute jedes Alters, Männer und Frauen, hier sitzen und über ihre Handarbeit und den neuen Stricken-im-Kino-Trend aus England und Skandinavien ins Gespräch kommen.

Verbundenheit durch
Stricken

Die 35-jährige Özgül Yilmazel hat ein Wollknäuel auf dem Schoß, das so groß ist wie eine Honigmelone. „Es wird ein Loop, glatt rechts. Das Einfachste, was es gibt“, sagt sie. Die Kombi aus Freundinnen-Abend, Stricken und Filmgucken hat sie gelockt.

Ihre Freundin, Carola Bensch (55), freut sich besonders auf den Weihnachts-Kultfilm mit Hugh Grant. Sie kennt den Klassiker auswendig und muss nicht immer hinschauen. Aber bei den schönsten Szenen schon. „Weil wir dann dahinschmachten“, sagt sie. Vor allem bei der Tanzszene von Hugh Grant.

Nicht alle stricken. Jonathan Krause (23) hat ein Stickprojekt mitgebracht. Auf einem runden Rahmen ist weißer Stoff eingespannt. Aus grünem Garn stickt er ein Blatt, das zu roten Erdbeeren und weißen Blüten gehört. Damit er die feine Arbeit gut sehen kann, hat er eine Speziallampe mitgebracht. Das Leselicht kann er sich um den Hals legen. Plattstick, Gradstich, Knötchenstich – er kann alles.

Seine Freundin, Tosca Stoltz (23), musste ihn nicht umgarnen. Beide finden die Idee des CineStrickens toll, auch weil Jonathans Mutter ebenfalls dabei ist. „Ich habe sie noch nie ohne Stricknadeln gesehen“, sagt die 23-Jährige mit Blick auf Natalie Krause (58).

Inzwischen steht Theaterleiter Mirko Henze vor der Leinwand und begrüßt die Gäste. „Zeigen Sie doch mal, was Sie so machen“, ruft er ins Publikum, und rund 150 Handarbeitende heben halbe Socken, Schalanfänge und Pulloverbündchen in die Höhe. „Respekt“, ruft Henze, „Sie haben viel vor. Ich glaube, wir müssen den Film in Endlosschleife zeigen.“ Lachen im Saal.

Dann gibt es ein Gewinnspiel. Zwei Kooperationspartner des Events spendieren Handarbeitsutensilien, die Mirko Henze flink durch die Reihen laufend verteilt. Das Publikum spendet Applaus.

Erinnerungen an die
Schulzeit

Anke Junck-Dughetti (62) hat eine Tüte mit Wolle gewonnen. „Total süße Veranstaltung“, sagt sie, während sie in der ersten Reihe an Socken strickt. Die 62-Jährige ist „überrascht, dass so viele junge Leute da sind“. Es erinnert sie an ihre Schulzeit. „Wir saßen in der hintersten Reihe und haben gestrickt, um den Matheunterricht zu überleben“, erzählt sie lachend, „ich habe ganze Pullover fertigbekommen.“ Heute scheint es ihr wie eine Gegenbewegung zu Social-Media- und Handykonsum: „Zu erleben, dass Dinge Zeit brauchen. Gemeinsam etwas gestalten. Ins Gespräch kommen. Ich finde das wirklich schön.“

Dieser Film läuft als nächstes

Über den kommenden Film müssen sich die Gäste nicht in die Wolle kriegen. Es gab beim vorherigen Event eine Abstimmung per Zettel: Am Mittwoch, 21. Januar, wird „Bridget Jones: Schokolade zum Frühstück“ beim CineStricken gezeigt. kü
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