Jürgen Gutzmann hat die Funktion 20 Jahre ausgeübt. Jetzt beendet der 73-jährige Malenter seine vierte Amtszeit und steht aus Altersgründen für weitere fünf Jahre nicht mehr zur Verfügung. Zugleich wirbt der scheidende Schiedsmann um potenzielle Nachfolger. „Es ist eine abwechslungsreiche Aufgabe“, sagt Gutzmann.
Spezielle Vorkenntnisse oder gar eine juristische Ausbildung sind nicht erforderlich. Mitzubringen seien „gesunde Menschenkenntnis, Lebenserfahrung, Geduld, die Fähigkeit zur Abfassung von schriftlichen Protokollen und Vergleichen sowie die Bereitschaft, an Aus- und Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen“, zitiert Gutzmann die Kriterien des Bunds Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen.
SchiedsamtDas Schiedsamt hat in Schleswig-Holstein eine lange Tradition. 1851 wurde im preußischen Strafgesetzbuch vorgeschrieben, dass vor Beginn eines Strafverfahrens wegen Beleidigung oder wegen leichter Körperverletzung die Beteiligten zunächst vor einem Schiedsmann zu erscheinen hatten. Ziel war eine außergerichtliche Beilegung der Streitigkeiten. Später kamen auch zivilrechtliche Auseinandersetzungen um geringe Sachwerte hinzu.
Heute sollten vermögensrechtliche Auseinandersetzungen bis 750 Euro Streitwert, Nachbarschaftskonflikte und ehrverletzende Delikte zunächst in einem Schlichtungsverfahren beigelegt werden, erklärt Gutzmann. Erst danach sei eine zivilrechtliche Klage zulässig. Trotz dieser Regelungen werden die Dienste der Schiedsleutein Malente relativ selten in Anspruch genommen. „Es waren nur rund ein halbes Dutzend Verfahren im Jahr.“In der Mehrzahl der Fälle geht es laut Gutzmann um Streitigkeiten am Gartenzaun wie den Überwuchs von Pflanzen und Bäumen. Zum Beispiel: Ein Hausbesitzer errichtetet ohne Zustimmung des Nachbarn einen circa zwei Meter hohen Sichtschutzzaun an der Grundstücksgrenze. Der Nachbar fordert dessen Rückbau. Die beiden einigten sich im Schlichtungsgespräch, den Zaun zu entfernen und durch ansprechende Anpflanzungen zu ersetzen. Die Grenzlinie wurde gemeinsam festgelegt.
In einem anderen Garten ragten zahlreiche Bäume und Büsche über die Grundstücksgrenze. Der Eigentümer erklärte sich zwar bereit, kleinere Gewächse zu entfernen, nicht aber die älteren Bäume zu beschneiden. Das in die Höhe gewachsene Grün behinderte jedoch den Richtstrahl der Satelliten-Empfangsanlage und verschattete eine Solaranlage. Der Fall ging vor Gericht.
Oft ging es auch um Beleidigungen. Die Nachbarinnen eines Wohnblocks beschimpften sich immer wieder. Eine Frau rief „Hure“ und ohrfeigte die Geschmähte. In der Schlichtung bestritt die mutmaßliche Angreiferin zwar die Vorwürfe, erklärte sich aber bereit, künftig auf Beleidigungen zu verzichten und den Hausfrieden zu wahren. Die Gegenseite akzeptierte die Vereinbarung und verzichtete auf weitere rechtliche Schritte. Ein kleiner, aber wichtiger Erfolg für den Schiedsmann.
Die Verfahrensgebühr liegt zwischen 20 und 75 Euro zuzüglich Porto und Auslagen.Die Schiedsperson erhält eine kleine Aufwandsentschädigung. Bewerbungen nimmt die Gemeinde Malente entgegen. Die Schiedsleute werden von der Gemeindevertretung gewählt. Die Bestätigung und Vereidigung erfolgt durch die Direktorin des Amtsgerichts. Das Mindestalter beträgt 30 Jahre.