Ein Raumbuch begleitet die Planung eines Gebäudes von Beginn an. Es enthält eine Liste aller geplanten Räume und ihre jeweiligen Abmessungen. Als sogenannte Mehrzweckfläche, erläutert Wirges, werden die Freiflächen zwischen den Klassenräumen bezeichnet. Etwa Nischen für Stillarbeit oder Pausen. Das ursprüngliche, im Mai 2024 beschlossene Raumbuch weist 4480 Quadratmeter Mehrzweckflächen auf. Zum Vergleich: Eine Drei-Felder-Sporthalle ist etwa 1200 Quadratmeter groß.
„Wir haben alles nachgerechnet“, berichtet Wirges. Der Fehler sei zunächst dem Fraktionsmitglied Stephan Langer, einem Architekten, aufgefallen. Ergebnis der Prüfung: Tatsächlich werden lediglich 560 Quadratmeter statt der berechneten 4480 Quadratmeter Mehrzweckflächen benötigt. Den Fehler meldeten Wirges und der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Olaf Bentke der Stadtverwaltung. Die erkannte die Einwände der Kommunalpolitiker an.
Stadtsprecherin Kerstin Stein-Schmidt bestätigte die Angaben der Freien Wähler. Sie teilte mit: „Durch einen Übertragungsfehler in einer Excel-Tabelle zur Berechnung der Flächen im Raumbuch ergibt sich eine räumliche Differenz. Daraus resultiert auch eine Änderung der Kostenbewertung.“ Stein-Schmidt bestätigte zudem die Summe von zehn Millionen Euro.
Der Schulcampus sollte ursprünglich 55 Millionen Euro kosten. Nach der Korrektur der Fläche bleiben 45 Millionen Euro. Mit dem Thema hat sich zuletzt der Schulausschuss beschäftigt. Auf Antrag der Freien Wähler wurde die Entscheidung zum Raumbuch vertagt. Denn, sagt Wirges, die Einsparung rettet den Haushalt der hoch verschuldeten Stadt Eutin nicht. „Wir müssen sehen, was uns die angespannte Haushaltslage überhaupt noch ermöglicht“, sagt Wirges. „Wir können nichts beschließen, wenn wir nicht wissen, was auf uns zukommt.“ Eutin laufe wegen großer Investitionen etwa für die Feuerwehr oder die Wärmeplanung auf Schulden von 250 Millionen Euro zu.
Die Stadt Eutin berät seit Jahrzehnten darüber, wie die künftige Schullandschaft in der Stadt aussehen soll. Vor etwas mehr als einem Jahr hatten die Kommunalpolitiker beschlossen, am großzügig bemessenen Standort der bisherigen Grundschule am Kleinen See einen Schulcampus zu bauen. Dort sollen die beiden Eutiner Grundschulen – Kleiner See und Gustav-Peters-Schule an der Blauen Lehmkuhle – zusammengefasst und mit der Offenen Ganztagsschule, dem Albert-Mahlstedt-Förderzentrum und der Schule am Papenmoor zu einem gemeinsamen Schulstandort werden.
Ein Plan, gegen den sich Widerstand regte. Die Bürgerinitiative „Rettet die Blaue Lehmkuhle“ strengte im Dezember 2024 einen Bürgerentscheid an, der jedoch nicht das nötige Quorum erreichte. Die Stadt plante weiter – mit dem jetzt als fehlerhaft entlarvten Raumbuch. Was Sonja Wirges bei all dem wundert: „Dass das über ein Jahr lang nicht aufgefallen ist.“Ein Schulcampus ist auch für andere Städte in Ostholstein ein Weg zur Lösung der Schulbaufrage. Oldenburg hat seinen Campus bereits eröffnet. Kosten dort: 49 Millionen Euro.