Die Exponate sind Leihgaben, sie stammen aus dem Lager des Seebataillons der Marine in Eckernförde. Die Munitionsteile stammen vom Meeresboden. Sie stehen für die Vergangenheit und die Zukunft von 300.000 Tonnen Kampfmittel, die nach Ende des Zweiten Weltkrieges in der Ostsee verklappt wurden.
100 Millionen Euro hat der Bund für ein Pilotprojekt zur Bergung bereitgestellt. Im September 2024 haben Fachleute damit begonnen, die ersten Altlasten aus der Ostsee zu holen. „Endlich“, sagt Karin Bühring, Vorsitzende des Vereins für Regionalgeschichte. „Und was machen wir?“ Das hätten sich die aktiven Historiker aus Pönitz gefragt und entschieden: „Wir packen das Thema noch einmal an.“Monate der Forschung und der Recherche folgten. Die Vereinsmitglieder waren zwar mit dem Riesen-Problem vertraut: Ihr Ehrenvorstand Dr. Kersten Jungk gehörte lange zur archäologischen Tauchergruppe Ostholstein, und auch in einer Ausstellung zum Kriegsende an der Lübecker Bucht spielte die Kampfmittel-Verklappung bereits eine Rolle. Dennoch entdeckten die Museumsgestalter viel Neues – etwa das oben erwähnte Lager des Seebataillons in Eckernförde. „Es ist riesig, so etwas habe ich noch nie gesehen“, berichtet Karin Bühring.Vereinsmitglied Ullrich Günther hat im Internet diverse historische Kostbarkeiten gefunden. Zum Beispiel die Geschichte von Sergeant Roy Tall, Angehöriger des Bombenräumkommandos der britischen Royal Air Force (RAF), der 1945 und 1946 zuständig war für die Organisation der Verklappung.
„Seine Tochter Barbara Tull hat uns bisher unveröffentlichte Aufzeichnungen zur Verfügung gestellt“, sagt Ullrich Günther und zeigt ein Blatt Papier, auf dem in ordentlicher Handschrift die Mengen an versenkten Waffen und Munition pro Tag notiert sind. Eines freut Ullrich Günther besonders: „Barbara Tull will zur Ausstellungseröffnung kommen.“
Doch die Ausstellung schaut auch in die Zukunft, also auf die Bergung der tickenden Zeitbomben, deren Behälter rosten und ihre giftigen Inhaltsstoffe freigeben. „Wie entwaffnet man ein Meer?“ Anhand dieser Frage zeigen die Ausstellungsmacher die Arbeit der Experten vom Geomar-Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel.„Professor Jens Greinert vom Zentrum hat uns toll unterstützt“, sagt Karin Bühring. Sie und ihre Mitstreiter wünschen sich den Bau von fünf Bergungsplattformen bis 2040, die pro Jahr 30.000 Tonnen alter Waffen und Munition aus der Ostsee holen. „Die jährlichen Betriebskosten dafür würden 100 Millionen Euro betragen“, erklärt Kersten Jungk. So viel Geld werde der Bund nicht herausrücken, „aber vielleicht die 16 Bundesländer gemeinsam?“ Die Ausstellung solle Druck machen, betont Jungk. Ein weiterer Teil widmet sich auch deshalb den aktuellen und gefährlichen Folgen der Verklappung. Denn Muscheln und Fische seien zwar noch verzehrbar, aber teilweise bereits vergiftet und krank, erläutert Karin Bühring. „Je mehr verrostet, desto mehr wird natürlich freigesetzt.“ Die Ausstellung zeigt nicht nur Phosphor, das leicht mit Bernstein verwechselt wird, sondern auch die weniger bekannte Schießwolle, die gemaserten Steinen ähnelt, krebserregend ist und Blasen an den Händen erzeugt.
Die Altlasten im Meer betreffen am Ende alle, das macht der Rundgang durch die Ausstellung deutlich. Deshalb werden vermutlich sowohl junge als auch ältere Besucher, Einheimische und Gäste beeindruckt sein von dem, was die Vereinsmitglieder zusammengetragen haben. Neben den Minentauchern des Seebataillons haben Verantwortliche vom Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur und vom Geomar-Zentrum zahlreiche Objekte zur Verfügung gestellt.
Finanzielle Förderung kommt von der Kreiskulturstiftung Ostholstein, der Gemeinde Scharbeutz, der Sparkassen-Kulturstiftung Ostholstein, der Volksbank Eutin, dem Rotary Club Lübecker Bucht und dem Lions Club Lübecker Bucht.