Die Apfelbäume blühen. Hummeln und Bienen bestäuben die Blüten. In der kleinen Obstplantage von Axel Münster herrscht emsiges Treiben. Auf dem Obsthof selbst geht es derzeit etwas ruhiger zu. Die Früchte des vergangenen Jahres sind entweder als Frischware verkauft oder zu lagerfähigen Produkten wie Säften und Marmeladen weiterverarbeitet worden. Noch nicht ganz abgeschlossen ist hingegen die Produktion einiger besonderer Spezialitäten.
Axel Münster betreibt seit mehr als 40 Jahren seine eigene kleine Destille. Das Handwerk lernte er am Bodensee. „Ich habe schon im zweiten Lehrjahr an der Brennblase gestanden“, sagt Münster. „In Süddeutschland brennt jeder Apfelbauer seinen eigenen Obstler.“ Diese Idee habe er dann mit in den Norden gebracht.
Als dritten Geschäftszweig neben dem Obsthof und der Mosterei baute er seine Edelobstbrennerei auf. „Die Erste und lange Zeit auch die Einzige in Ostholstein“, sagt Münster. Seither produziert er unterschiedliche Liköre, Geiste und Brände. Die beliebteste Sorte ist der Edelobstbrand aus dem Holsteiner Cox.
Das Geheimnis für einen guten Brand: „Je besser die Rohware, desto besser das Ergebnis“, betont Münster. In den Bottich kämen vor allem die gut ausgereiften, aber zu großen Äpfel, die sich nicht verkaufen ließen, erzählt er. „Die Früchte werden gewaschen, zerschreddert und vermahlen.“ Dann werde noch etwas Hefe hinzugefügt. Das Gemisch gäre dann zwischen 30 und 33 Tagen. In dieser Zeit entwickle die Maische einen Alkoholgehalt zwischen fünf und sechs Prozent. „Dieser Sud kommt dann in die Rohbrandblase“, erklärt Münster.
Das erste Destillat weise 26 bis 28 Volumenprozente aus. Der zweite Brand ist technisch deutlich anspruchsvoller und aufwendiger. Der Vorlauf mit dem Methylalkohol – auch Blindmacher genannt, wird abgeleitet. Dann folge der Mittellauf, der möglichst rein, mit bis zu 86 Volumenprozenten, gewonnen werde. Wichtig sei es, den Zulauf wieder rechtzeitig zu schließen. Die Fuselöle, die im Nachlauf enthalten seien, hätten zwar viel Geschmack, aber auch unerwünschte Nebenwirkungen, betont Münster: „Ein guter sauberer Obstbrand verursacht keine Kopfschmerzen.“
Das Destillat reift und ruht in Steinzeugfässern. Nach einem Jahr wird die hochprozentige Spirituose mit frischem Brunnenquellwasser auf die gewünschte Trinkstärke – meist 40 Volumenprozent – verdünnt. Auch diese Mischung brauche viel Zeit, um zu einer homogenen Flüssigkeit zu verestern. „Von der Brennblase bis zur Flaschenabfüllung vergehen mindestens zwei Jahre“, sagt Münster.
Es könne aber auch deutlich länger dauern. So würden derzeit ein paar besondere Brände in echten Holzfässern lagern. Mit dieser Form der Veredelung habe er vor knapp zwei Jahrzehnten begonnen. „Ich wollte etwas Besonderes für meinen Ruhestand machen“, erklärt Münster schmunzelnd.
Diese Philosophie verfolgt auch Matthias Sievert. Der experimentierfreudige Nebenerwerbs-Destillateur hat in Rachut bei Malente eine professionell ausgestattete Brennerei aufgebaut. Das Gros der Brände gewinnt der 50-jährige Kaufmann aus heimischen Früchten. Neben Holsteiner Cox und Roter Martini kultiviert er auch – nomen est omen – die Wahlsche Schnapsbirne auf einer eigenen Streuobstwiese. „Insgesamt haben wir 200 Obst- und Fruchtsorten, die wir hegen und pflegen.“
Die hochgeistige Ausbeute ist überschaubar: Aus 300 Kilogramm Maische gewinnt er drei bis zwölf Liter Destillat. Nach langjähriger Lagerung und auf Trinkstärke verdünnt, sind es maximal 30 Liter Edelbrand aus Äpfeln oder Birnen. Andere Früchte sind weniger ergiebig. Ein Extrembeispiel: „In unserem Himbeerbrand stecken 235 Euro Frucht pro Flasche.“ Und diese enthält nur 350 Milliliter.
Auch Schlehen werden zu Geisten und Bränden veredelt. Die kleinen Steinfrüchte der stacheligen Sträucher pflückt Sievert mit Kindern und Freunden in Knicks rund um Rachut. Nach vierjähriger Lagerzeit sei dieser Brand eine echte Holsteiner Spezialität, erklärt Sievert.
Auch Axel Münster freut sich auf seine nächste Sonderabfüllung. Ein Holsteiner-Cox-Brand reift seit 15 Jahren in einem griechischen Rotweinfass. Mit einer großen Pipette zieht Münster eine Zwischenprobe. Die ursprünglich klare Flüssigkeit hat einen kräftigen rötlichen Farbton angenommen.
Beim Schwenken des Glases erfüllt ein aromatischer Duft den Raum. „Der Geschmack ist hervorragend, aber mit der Farbe bin ich noch nicht ganz zufrieden“, sagt Münster. Noch ein gutes halbes Jahr müsse der Brand ruhen. „Bis dahin hat sich der goldene Farbton entwickelt, denn ich gerne haben möchte.“ Als Obstbrenner muss man geduldig sein und abwarten können.