Nach 18 Jahren: Scharbeutzer Ortswehrführer Levgrün hört auf
Scharbeutzer Wehr verabschiedet 47-jährigen Chef – Dramatische Unfälle und glückliche Rettungsaktionen haben ihn geprägt

Ortswehrführer Sebastian Levgrün (47) sagt nach 18 Jahren im Amt Tschüs.Foto: Beke Zill
Scharbeutz. Der Einsatz ist beendet. Die Fahrzeuge sind geparkt, seine Kameraden schon wieder weg. Sebastian Levgrün ist der letzte in der Scharbeutzer Wache. Wie so oft. Das Feuerwehrgerätehaus ist sein zweites Zuhause. „Außer in meinen Urlauben bin ich immer hier gewesen – jeden Tag“, sagt der 47-Jährige.

Das wird sich in Zukunft ändern. Der Ortswehrführer hat sich nach 18 Jahren als Chef von 60 Kameraden verabschiedet. Die Verantwortung gibt er ab. Die Erinnerung an besondere Einsätze, an unruhige Zeiten und die Kameradschaft jedoch bleiben.

Levgrün blickt auf 37 Jahre Ehrenamt zurück. „Mit 10 Jahren bin ich in die Feuerwehr eingetreten“, erinnert er sich. Mit 23 Jahren wurde er stellvertretender Ortswehrführer von gerade einmal 26 Feuerwehrleuten. „Es war keiner da, der das machen wollte“, erklärt er.

Unter anderem als Mitinitiator der sogenannten Cola-Wehr verbannte Levgrün damals jeglichen Alkohol aus der Wache. Fünf Jahre später wurde der Bauhofleiter der Gemeinde Scharbeutz zum Wehrführer der Ortsgruppe. Seitdem hat sich die Zahl der Feuerwehrleute mehr als verdoppelt.

Ersthelfer bei Unfall
mit drei Toten

Mit seiner Mannschaft rückte er in 18 Jahren als Ortswehrführer seitdem über 2500 Mal aus. Mit dabei sind Einsätze, die er nie vergessen wird. So wurde er zu zwei Notfällen gerufen, bei denen jeweils ein Kamerad selbst Hilfe benötigte. Doch in beiden Fällen kam jede Hilfe zu spät. „Das ist lange her. Sie waren beide jung“, sagt Levgrün und erinnert sich an den Verlust der beiden Kollegen. Er schaut zu Boden. In seiner Laufbahn musste er lernen, mit dem Anblick von Verletzten und Toten umzugehen.

Auch die Bilder des Unfalls auf der Bundesstraße 76 zwischen Haffkrug und Süsel im April 2022 werden Levgrün für immer begleiten. Ein Auto mit vier jungen Ostholsteinern war gegen einen Baum geprallt. Der 19-jährige Fahrer, ein 17-Jähriger und eine ebenfalls 17-Jährige starben. Levgrün war mit seiner Wehr als erster am Unfallort. „Der Einsatz bleibt in Erinnerung“, sagt er.

Für ihn prägend war auch das furchtbare Geschehen auf der Bundesstraße 432 kurz vor Scharbeutz im November 2023, als der SUV einer 28-Jährigen kurz vor einer Baustelle auf ein anderes Auto fuhr, auf die Seite kippte und sofort Feuer fing. Als die Scharbeutzer Wehr eintraf, stand das Fahrzeug in Vollbrand. „Die Frau ist vor meinen Augen in ihrem Pkw verbrannt“, sagt Levgrün.

Zwischen all den schlimmen Erlebnissen gibt es in der langen Einsatzhistorie auch Erfolge, die Levgrün und seinen Kameraden Kraft geben, sein Leben für andere in Not geratene Menschen zu riskieren. So geschehen bei einem Notfall am Scharbeutzer Strand.

Zwei Jugendliche drohten bei starkem Ostwind zu ertrinken. Die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Scharbeutz waren schnell vor Ort. Unter Levgrüns Leitung gelang es den Kameraden, die jungen Erwachsenen aus den Ostseewellen zu retten. „Das war in letzter Sekunde“, erzählt der 47-Jährige.

Die Gemeinschaft
motiviertEs sind aber nicht die Einsätze, die ihn zu diesem Ehrenamt motivieren. Es sind „der Zusammenhalt und die Gemeinschaft“, die zählen, betont Levgrün.Deswegen bleibt er auch als Kamerad der Scharbeutzer Wehr erhalten. „So ganz kann man sich dann doch nicht verabschieden“, sagt Levgrün. Anstatt Termine und Verpflichtungen zu haben, möchte er lieber „mehr Sport treiben und öfter in den Urlaub fahren“.Wenn der Alarm geht, ist er allerdings weiter zur Stelle. „Ich bin immer für die Kameraden da“, betont Sebastian Levgrün . Nach einem Einsatz als Letzter die Tür abschließen, muss jetzt aber ein anderer. und bz
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