Lauben angezündet:
Prozess gegen Brandstifter
Täter hat schwere psychische Erkrankung – Schöffengericht Oldenburg verweist Fall ans Landgericht Lübeck

Ein 50-jähriger Mann aus Neustadt musste sich wegen zweifacher Brandstiftung und mehrfachem Diebstahl vor dem Amtsgericht Oldenburg verantworten.Foto: Dirk Schneider
Oldenburg. Klarer Blick, gerade Haltung, offene Worte – der Angeklagte sitzt aufrecht neben seinem Verteidiger. Aufmerksam verfolgt Andy K. (Name geändert) die Verlesung der Anklageschrift. Die Tatvorwürfe – fünf Diebstähle und zwei Brandstiftungen in Neustadt – gibt er ohne Umschweife zu. Die Fragen der Staatsanwältin und des Richters beantwortet er ohne Beschönigungen.

Im Rückblick kann sich der Angeklagte sein Verhalten nicht mehr erklären und schämt sich für seine Straftaten. „Ich weiß nicht, was mich da geritten hat, das war total bescheuert“, sagt der 50-Jährige. Die Verbrechen wirken bizarr. Der Mann leidet unter einer bipolaren Störung.

Was ist passiert? Ende Juli 2024 geht Andy K. in eine Kleingartenanlage in Neustadt. Er betritt am späten Abend die Parzelle eines Bekannten. Andy K. legt zwei Solarlichter und ein paar Deko-Artikel in einen Eimer. Doch die Familie des Kleingärtners übernachtet in der Hütte. Man habe den Kindern in den Sommerferien etwas Besonderes bieten wollen, sagt die Kleingärtnerin. Diese seien „erschreckt von dem fremden Mann im Garten“ aufgewacht. Ihr Mann habe sich dann mit Andy K. auf die Terrasse gesetzt, eine Zigarette geraucht und ein Bier getrunken. „Wir wollten ihn nicht rausschmeißen. Man weiß ja nicht, wie er reagiert“, sagte die Zeugin.

Angesprochen auf den versuchten Diebstahl habe Andy K. geantwortet, dass ihm die Dinge einfach gut gefallen würden. „Sein Verhalten war richtig komisch. Er hat nur geredet und geredet, und nichts hat einen Sinn ergeben“, erklärt die Zeugin. Auch das Äußere – schwarz lackierte Fingernägel, kurz geschorene Haare, abgemagertes Gesicht – sei ungewöhnlich gewesen. Die Kinder hätten sich gefürchtet.

Andy K. nutzt die Situation und bittet um Entschuldigung. „Mir ist nicht bewusst gewesen, dass ich Angst verbreite, ich hatte eine manische Phase.“ Beim Verlassen des Saals schüttelt die Zeugin ihm die Hand.

Anfang August tankt Andy K. rund 8,3 Liter Superbenzin und verlässt die Tankstelle in Neustadt, ohne die fälligen 15 Euro zu bezahlen. Er habe sein Portemonnaie nicht dabei gehabt und gedacht: „Steig’ ein und mach’ die Biege“, erinnert sich der Angeklagte.

Wenig später lässt er seinen intakten Kleinwagen verschrotten und wirft seinen Hausstand auf den Sperrmüll. „Ich habe gedacht, die Welt gehört mir“, sagt Andy K. Seine damalige (Wahn-)Vorstellung: „Ich gehe nach Berlin und mache mich selbstständig. Neue Wohnung, neues Auto.“

Ein paar Tage später will er in einer Rossmann-Filiale zwei Sonnenbrillen und Modeschmuck kaufen. Zum Bezahlen gibt er der Kassiererin einen Geschenkgutschein, den er aus dem Regal genommen und im Laden ausgefüllt, aber nicht aktiviert. Die Mitarbeiterin löst die ungültige Karte über 150 Euro nicht ein. Andy K. wiederholt die Aktion mit einem 100 Euro Gutschein und scheitert erneut. Es folgt eine Anzeige wegen versuchten Ladendiebstahls.

Erneut in der Kleingartenanlage stiehlt er aus einer Laube eines ehemaligen Arbeitskollegen einen Rucksack mit Bootstampen und Stromkabeln. Was er damit will? Schulterzucken. Wenig später ist er wieder vor Ort. Diesmal zückt er ein Feuerzeug und zündet Vorhänge und Gardinen in der Hütte an. Warum? „Es gab Auseinandersetzungen, persönliche Probleme“, erklärt Andy K.

Während die Feuerwehr löscht, steckt er in einer anderen Parzelle einen Big-Pack mit trockenem Laub in Brand. Das Feuer greift auf die Laube über. Beide Gartenhäuser brennen aus. Geschätzter Gesamtschaden: 25.000 Euro.

Zwei Tage später irrt Andy K. durch die Flure der Schön-Klinik in Neustadt. Er betritt einen Personalraum und stiehlt aus den Spinden eine Handtasche und einen Rucksack, die er ohne zu öffnen mitnimmt. In einer Tasche befinden sich Tablet-PC und Kopfhörer. Der Eigentümer ortet die Geräte per Handy. Die Polizei nimmt Andy K. vor seiner Wohnung sitzend fest.

Vor zehn Jahren wurde bei Andy K. eine bipolare Störung attestiert. Seither ist er in Behandlung und nimmt Psychopharmaka gegen Depressionen. Zwei Monate vor den Taten setzte er die Medikamente aus Geldmangel ab. Er kam in eine manische Phase. Andy K. beging die Straftaten in einem Hochgefühl aus Selbstüberschätzung und Größenwahn, sagt die psychiatrische Gutachterin.

Die Konsequenz wäre ein Freispruch wegen stark verminderter oder aufgehobener Schuldfähigkeit, erklärt Richter Thore Böttger. Doch wie hoch ist das Wiederholungsrisiko? Wie sieht die Prognose aus? Ohne Kontrolle könne „alles oder nichts“ passieren, erklärt die Ärtzin. Aufgrund dieser Situation verweist das Schöffengericht Oldenburg die Strafsache an das Landgericht Lübeck. Diese Kammer soll nun in einer Art Sicherungsverfahren über die Gefährlichkeit und Unterbringung von Andy K. entscheiden. Der Angeklagte kündigt im Gerichtssaal an, sich umgehend freiwillig in eine stationäre Therapie zu begeben. und dis
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