„Das ist doch veraltet“, findet Stefanie Behl, die mit ihrer Familie an der Küste Urlaub macht. „Gestern Abend wollten wir in Grömitz ein Eis essen, ging aber nicht, weil wir nur das Handy für die Zahlung dabei hatten.“ Warum so viele die Kartenzahlung boykottieren, bleibt unklar: Von insgesamt 20 angefragten Betrieben zwischen Grömitz und Fehmarn wollte sich kein einziger Unternehmer zu den Gründen äußern, warum er ausschließlich Bargeld akzeptiert.
Kritik gibt es allerdings von außen. Denn auch in Kellenhusen macht sich das Phänomen bemerkbar. „Tatsächlich gibt es einige wenige Betriebe, die nur Bargeld akzeptieren. Diese befinden sich vorrangig an der Promenade“, sagt Tourismuschef Raymond Kiesbye.
Als Begründung würden die Unternehmer technische Problem anführen, sagt er weiter. Bei den Kunden sorgt das allerdings immer wieder für Irritationen. „Aufgrund etlicher Rückmeldungen der Gäste haben wir auf unserer Homepage unter ‚Essen und Trinken‘ ein Feld ‚Kartenzahlung möglich‘ angeführt“, erzählt Raymond Kiesbye.
Urlauberfreundlich sei die ausschließliche Barzahlung aus seiner Sicht nicht, da man die Gäste zwinge, sich vorab einen Geldautomaten zu suchen. Und selbst das wird manchmal zur unlösbaren Herausforderung: „Wir hatten schon den Fall, dass die Geldautomaten aufgrund eines Streiks längere Zeit nicht aufgefüllt wurden“, sagt der Tourismuschef.
Thorsten Eifler, der am Ortsrand das Restaurant Vogelsang betreibt, kann die Entscheidung auch betriebswirtschaftlich nicht verstehen. „Ich muss dem Gast doch alle Möglichkeiten geben, bei mir zu verzehren“, sagt er. Die Gebühren für die Kartenzahlung, die zwischen 0,5 und 1,1 Prozent liegen, müsse man einkalkulieren. „Wenn ich ständig Kleingeld von der Bank holen muss, kostet mich das auch Gebühren“, sagt er. Auch technische Schwierigkeiten könnten aus seiner Sicht kein Argument sein. „Es gibt es so viele Möglichkeiten, Kartenzahlung anzubieten – mittlerweile sogar über Kabel oder Mobilfunk.“ Am Ende sei vor allem wichtig, dass der Gast frühzeitig erkennen kann, wo keine Kartenzahlung möglich ist, sagt der Grömitzer Tourismuschef Manfred Wohnrade. „Dann kann er selbst entscheiden, ob er das Angebot in Anspruch nehmen möchte.“ Er kann aus eigener Erfahrung berichten, dass das Ganze kein reines Ostsee-Phänomen sei. Erst vor Kurzem habe er ein Essen in Hamburg nur bar bezahlen können und musste kurzerhand zum nächsten Geldautomaten laufen.
Schaut man auf die Zahlen im Einzelhandel, dann werden laut Statistikamt Nord 35,5 Prozent der Einkäufe bar und 61,8 Prozent mit Karte gezahlt. 2009 sah das Verhältnis genau andersherum aus. In der Gastronomie zahlen mittlerweile 43 Prozent der Gäste mit Karte – Tendenz steigend, denn die letzte statistische Auswertung stammt aus dem Jahr 2021. Die Erhebung kam außerdem zu dem Ergebnis, dass junge Menschen zu weit über 90 Prozent diesen Service voraussetzen.
„Ich möchte da keinen Kollegen bevormunden“, sagt Axel Strehl, Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes Schleswig-Holstein. Kartenzahlung sei immer mit Kosten verbunden, die je nach Anbieter variieren. Aber er sagt auch: „Es gibt Kunden, die schon jetzt kein Bargeld mehr dabei haben.“