Er ist sichtlich gern auf der Riesen-Baustelle vor der Dünenmeile, klappt eine der Holzplatten auf der künftigen Flaniermeile hoch und zeigt zwei leere Rohre. Dort hinein werden später Kabel verlegt, „die technische Ausstattung“, sagt Dirk Dibbern. Bis diese an der Reihe ist, müssen die Brückenbauer aber noch warten. Derzeit gebe es Verzögerungen wegen einer Sperrung der Autobahn 27, berichtet Andreas Geist, Leiter des Bereichs Tiefbau. Über diese sollten weitere, tonnenschwere Stahlbetonteile geliefert werden, und zwar die seitlichen Ausleger, die sogenannten Balkone, und für die Ausweichstrecke liege bisher keine Schwertransport-Genehmigung vor, es ist kompliziert.
Aber vor dem zentralen Strand des Urlaubsortes wird ja auch keine schlichte Aussichtsplattform gebaut, sondern ein kühner Architekten-Entwurf in ein 20-Millionen-Euro-Bauwerk umgesetzt. Meter für Meter führt der Holzplattenweg hinaus, an einigen Stellen ist er noch schmal, weil die oben erwähnten Ausleger fehlen, steigt zwischendurch leicht an auf maximal 3,50 Meter über Normalnull. Neben der Brücke verläuft derzeit der Fangedamm, eine Art Baustraße auf der Ostsee, darauf steht ein orangefarbener Raupenbagger und harrt seines nächsten Einsatzes.
Weiter hinten ragen zwei Kräne in den blassblauen Morgenhimmel, positioniert auf einem mächtigen Arbeitsponton. Vor ihm schauen die Anlegedalben aus dem Wasser, an denen künftig die Bäderschiffe festmachen. Der gewaltige Stahlbeton-Unterbau deutet die Dreiecksform des Brückenkopfes an, auf den vom Anleger aus eine Rampe führen soll. Noch müssen die Menschen auf der Brücke genau darauf achten, wohin sie ihre Füße setzen. Wenn alles fertig ist, können sie dort entspannt entlangschlendern, sich auf die Stufen und Bänke setzen, die Aussicht genießen.
Bis dahin dauert es noch, die Eröffnung der neuen Seebrücke von Scharbeutz ist für Sonnabend, 28. September, geplant. Deutlich früher will die Gemeinde mit ihren Gästen die Fertigstellung der Haffkruger Seebrücke feiern, von Freitag, 12. Juli, bis Sonntag, 14. Juli. Dementsprechend weiter fortgeschritten sind die Arbeiten an diesem ebenfalls spektakulären Projekt, 230 Meter im Zickzack, die in einer futuristisch anmutenden Doppelspitze münden, Baukosten: 19 Millionen Euro.
Von Land aus betrachtet fällt dabei ein stählernes Ständerwerk etwa in der Mitte der Brücke auf. Dort entsteht keine Fischbrötchen-Ausgabe, sondern ein Wetterschutz, erklärt Andreas Geist, „für Trauungen, es gibt viele Anfragen“. Das Häuschen solle auch ein Bedarfs-WC und eine Pantry-Küche bieten und könne als Lager für Sportzubehör dienen, für Yoga-Matten zum Beispiel, denn Yogakurse gehören zu den Veranstaltungen, die auf der Haffkruger Seebrücke stattfinden sollen.
Der Belag vom Anfang der Brücke bis zum Wetterschutz ist fast vollständig verlegt, das nahezu eisenharte Bongossi-Holz fordert den Handwerkern einiges ab. Drei bis vier Bohrer brächen pro Tag ab, sagt einer, lächelt und setzt sein Werkzeug erneut an. Weiter draußen braucht es keine Holzplanken, sondern Stahl: Das künftige Oberdeck des Brückenkopfes ist schon zu erkennen, das Unterdeck fehlt noch. „Anfang April werden die Stahlbauteile eingehoben“, erklärt Dirk Dibbern. Das sei wie ein riesiges Puzzle, jedes Stück sei nummeriert, damit am Ende auch wirklich alles passe, „und es gibt hier draußen keinen einzigen rechten Winkel“.
Auch beim Erkunden des Haffkruger Brückenkopfes sind Vorsicht und Balance gefragt, gelbe Zaunmatten sichern die Arbeiter vor Stürzen in die Ostsee ab. Das tatsächliche Geländer ist an Land zu sehen, hinter den Baucontainern steht ein Muster inklusive der indirekten LED-Beleuchtung. Auf der fertigen Brücke soll diese aufs Holz scheinen, ab Mitte Juli, wenn alles klappt und sich Wind und Welle in den kommenden Monaten etwas zurückhalten. Dann wird sich der Morgennebel nicht mehr über einer Baustelle lichten, sondern über der neuen Seebrücke der Haffkruger, mit Doppelspitze und Wetterschutz für Hochzeitspaare und Yogis und alle anderen Menschen, die den neuen Weg aufs Meer beschreiten.