„Wir haben keine Aufnahmekapazität mehr“
Katzendorf des Tierheims mit 190 Tieren total überfüllt – Kastrationspflicht soll Zuwachs 2026 eindämmen.

Susanne Tolkmitt, 1. Vorsitzende des Vereins Tierschutz Lübeck und Umgebung, setzt alle Hoffnung auf die neue Landesverordnung.Foto: Agentur 54°
Lübeck. Superlative zu bemühen, ist schwierig. Das weiß auch Susanne Tolkmitt nur zu gut. Schließlich ist für die erste Vorsitzende des Vereins Tierschutz Lübeck und Umgebung das Tierheim in Kücknitz das zweite Zuhause. Und Notlagen hatte sie dort in den letzten Jahren schon häufiger zu beklagen.

Trotzdem: „Diese Situation bedeutet für einen Winter Ausnahmezustand“, beschreibt sie die aktuelle Lage. Man sei insbesondere im Katzendorf maximal voll – „wir haben keine Aufnahmekapazität mehr“, und das im Winter, wo wir normalerweise bisher immer Platz hatten.“

Sie nennt auch Zahlen. 190 Katzen seien hier momentan untergebracht – „davon 50 bis 60 Katzenwelpen. Eigentlich haben wir so um die 80 Katzen insgesamt im Winter, und kaum Katzenwelpen“, erklärt sie.

Sie vermutet, dass der Nachwuchs aufgrund der milden Temperaturen der letzten Wochen noch so spät gekommen sei und das Tierheim daher so viele „Einlieferungen“ hatte. „Da zeigt sich leider der Klimawandel mit all seinen Auswirkungen“, stellt sie nüchtern fest.

Beim Kampf gegen die weiter steigende, frei lebende Katzenpopulation setzt sie nun große Hoffnungen auf die landesweite Katzenschutzverordnung. „Nach meiner Kenntnis ist der Erlass der Verordnung für Anfang 2026 geplant. Einen genauen Termin wird das Ministerium aber noch bekannt geben“, sagt Tolkmitt.

Die Verordnung werde dann voraussichtlich vier Wochen nach Veröffentlichung in Kraft treten. Schon vor anderthalb Jahren hatte die Lübecker Tierheimleitung von der Hansestadt so eine Kastrations-, Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für Freigängerkatzen gefordert – bei geschätzt mehr als 2000 Freiläufern in der Hansestadt.

Dass diese Pflicht sogar zukünftig für ganz Schleswig-Holstein gelten soll, begrüßt Susanne Tolkmitt ausdrücklich. „Dann hätten wir auch keinen Flickenteppich mehr, weil einige wenige Kommunen das ja schon umgesetzt haben“, betont sie.

Gerade die Streunerkatzen seien häufig in einem elendigen Zustand. Sie hofft durch die geplante Maßnahme, dass die Population zumindest erstmal stagniere und auch nicht mehr das Tierheim so weit volllaufe. Schließlich kann es von einer nicht kastrierten Katze und deren Jungen innerhalb eines Jahres bis zu 35 Nachkommen geben.

Im kommenden Jahr müssen also alle Freigängerkatzen und draußen frei lebende Katzen und Kater kastriert und gechippt werden. Die Kosten der Operation und für das Kennzeichnen und Registrieren der Tiere tragen dabei die Halterinnen und Halter.

„Es gibt keine offizielle Einschränkung, ab welchem Alter man Katzen kastrieren darf“, sagt Dr. Janna Hinderer von der Kleintierklinik am Tierheim, „wir empfehlen eine Kastration ab sechs Monaten beziehungsweise einem Körpergewicht von zwei Kilogramm. Eine Altersgrenze gibt es nicht. Wir empfehlen aber die frühe Kastration vor der Geschlechtsreife für Freigängertiere.“

Der Eingriff selbst dauert nach Auskunft der Tierärztin bei einem Kater in der Regel insgesamt circa eine halbe Stunde, bei einer Katze ungefähr doppelt so lange – inklusive Vorbereitungszeit.

Grundsätzlich seien beide Interventionen als ungefährlich einzustufen, aber natürlich habe jede Narkose ein gewisses Risiko, so Hinderer.

Die Preise für eine Kastrations-OP variieren von Praxis zu Praxis. In der Tierklinik am Tierheim – um ein Beispiel zu nennen – kostet eine Katzenkastration ungefähr 300 Euro, mit nachträglicher Wundkontrolle und Fäden ziehen dann insgesamt knapp 400 Euro. Bei einem Kater sind es summa summarum an die 240 Euro. Und für die Implantation eines Mikrochips, die ja potenziell auch als Pflicht geplant ist, fallen knapp 60 Euro Mehrkosten an. mho
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