Hält die Rehderbrücke
71 Busse pro Stunde aus?
Das Bauwerk gilt seit Jahren als sanierungsbedürftig – Ab Dezember kommt es zum Härtetest.

Linienbusse wiegen meist deutlich mehr als zwölf Tonnen. Doch für sie gilt auf der Rehderbrücke eine Ausnahme.Foto: Helge von Schwartz
Lübeck. Mit dem Fahrplanwechsel am 14. Dezember kommt auf die Rehderbrücke viel zusätzlicher Verkehr zu. In der Spitze sollen 71 Busse pro Stunde über sie rollen. Der Grund: Die benachbarte Mühlentorbrücke wird wegen Sanierungsbedarfs zunächst für schwere Fahrzeuge gesperrt, voraussichtlich ab Ende 2026 ganz. Und zwar für mehrere Jahre.

Die Busse werden in erster Linie über die Rehderbrücke umgeleitet. Eine gleichwertige Alternative hat die Stadt nicht. Also muss das ebenfalls marode Bauwerk durchhalten. Aber kann es die Belastung bewältigen?

2022 hatte die Lübecker Stadtverwaltung einen Überblick über den Zustand aller Altstadtbrücken vorgelegt. Die Rehderbrücke bekam die Note 3,5, was einen ungenügenden Bauwerkszustand bedeutet. Der Bericht sprach von Korrosionsschäden am Stahltragwerk und Schäden an der Gründung. Die Kosten für einen Ersatzneubau beziehungsweise eine Grundinstandsetzung wurden seinerzeit mit elf Millionen Euro kalkuliert. Damals stand ein Ausführungstermin ab 2028 im Raum.

Im Sommer 2024 hatte die Stadt an der Rehderbrücke defekte Lager instandgesetzt – für 620.000 Euro. Anschließend konnte die zuvor halbseitig gesperrte Brücke wieder komplett freigegeben werden. „Wir haben die Lager erneuert, um die Befahrbarkeit der Rehderbrücke sicherzustellen“, sagte Bausenatorin Joanna Hagen (parteilos) kürzlich im Bauausschuss.

„Die Maßnahme zur Lagerinstandsetzung hat zu einer leichten Verbesserung der Zustandsnote geführt“, sagt Nina Rehberg von der städtischen Pressestelle. „Mit den Maßnahmen zur Bauwerksüberwachung erhalten wir ständig ein aktuelles Bild vom Zustand des gesamten Bauwerkes.“

Die Brücke ist für Fahrzeuge über zwölf Tonnen gesperrt. Räum- und Kehrfahrzeuge dürfen die Brücke ebenfalls nicht befahren. Eine Ausnahme gibt es nur für Linienbusse. Ein Gelenkbus kann inklusive Passagieren bis zu 30 Tonnen wiegen. Diese Überschreitung habe die Stadt zuvor gesondert betrachtet, heißt es von der Pressestelle. Durch die Streckenführung der Busse über die Rehderbrücke werde das Bauwerk planmäßig beansprucht.

Eine statische Berechnung hat ergeben, dass die Rehderbrücke eine Lebenserwartung bis mindestens 2031 hat. Wegen der hohen Belastungen hält es die Stadt aber für möglich, dass sie reagieren muss, um einer Verschlechterung des Zustandes entgegenzuwirken. „Darauf sind wir vorbereitet“, sagt Nina Rehberg.

Dazu könnten eine Absenkung der Geschwindigkeit oder eine Einschränkung des Verkehrsaufkommens zählen. Denkbar wäre zum Beispiel, dass nur ein Bus auf einmal über die Brücke fahren darf. Eine solche Regelung gibt es derzeit noch nicht, obwohl einige Busfahrer das bereits jetzt schon so praktizieren.

Aber auch bauliche Unterhaltungen zum Beispiel am Fahrbahnaufbau wären laut Stadt möglich. „Eine Sperrung, solange die Rehderbrücke in die Umleitungsstrecke für die Grundinstandsetzung der Mühlentorbrücke eingebunden ist, wird durch diese Maßnahmen ausgeschlossen“, sagt Nina Rehberg.

Doch warum müssen überhaupt so viele Linien über die Rehderbrücke fahren? Wäre es nicht möglich gewesen, Busse an der Altstadt vorbeizuleiten? Für die Linien 15 und 25 praktiziert die Stadt das mit dem Fahrplanwechsel am 14. Dezember tatsächlich so. Die neue Linie 41 endet am Gustav-Radbruch-Platz.

Die Stadt erklärt, dass andere Umleitungsstrecken große Nachteile hätten. Für die Linien aus der Kronsforder Allee würde eine andere Route bedeuten, dass die Haltestellen Overbeckstraße und Verwaltungszentrum Mühlentor mit insgesamt etwa 1500 Ein- und Aussteigern pro Tag nicht mehr adäquat angebunden wären.

Bei anderen Linien würden andere Routen große Umwege und längere Fahrzeiten bedeuten. Besonders kritisch wäre das laut Stadt, wenn dadurch Wendezeiten bei den Bussen nicht mehr eingehalten werden können: Die Folge: Es wären zusätzliche Fahrten notwendig, aber die Anzahl an Fahrzeugen und Fahrpersonal sei begrenzt.

Zudem seien viele Fahrgäste auf die Haltestellen in der Altstadt angewiesen - zum Beispiel Schüler oder mobilitätseingeschränkte Menschen. „Auf allen Linien wäre ein sehr großer Anteil an Fahrgästen negativ betroffen, die ihre Direktverbindung in die Altstadt verlieren würden“, sagt Nina Rehberg von der Stadt.

Die Bürgerinitiative Birl hatte die hohe Anzahl an Bussen in Krähen- und Wahmstraße kritisiert. „Die Wahmstraße gehört zu den bauhistorisch bedeutendsten Straßenräumen im Unesco-Welterbe-Bereich“, hieß es in einer Mitteilung. „Die Entscheidung der Stadt, Hauptbuslinien für viele Jahre durch die Wahmstraße zu lenken, war unbedacht, ja falsch.“

Ein Anwohner berichtete bereits jetzt von Erschütterungen durch den Busverkehr. Um diese zu reduzieren, hat die Stadt die Fahrbahnoberfläche von Krähen- und Wahmstraße im DSK-Schnellverfahren erneuert. hvs
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