Neues Tarifsystem für
Bus und Bahn kommt 2027
Es soll übersichtlicher sein als das alte – Mehrfahrtenkarte fällt weg.

Der aktuelle Liniennetzplan: Ganz Lübeck soll künftig eine Tarifzone sein. Bad Schwartau und Stockelsdorf gehören nicht dazu.Foto: Agentur 54°
Lübeck. Der Erfolg des Deutschlandtickets hat es vorgemacht: Karte kaufen und überall den Nahverkehr nutzen. Das ist simpel. Für Menschen ohne das bundesweite ÖPNV-Abo ist die Lage deutlich komplizierter. In Schleswig-Holstein gibt es aktuell über 70 Tarifstufen für Bus und Bahn. Das soll sich ändern. Voraussichtlich ab dem 1. Januar 2027 wird das landesweite System des Nahverkehrsverbundes Nah.SH deutlich einfacher und verständlicher.

Künftig soll es nur noch drei Tarifbereiche in Schleswig-Holstein geben: die Lokalpreisstufe, die Umlandpreisstufe und die Netzpreisstufe. Für Lübeck bedeutet das, dass das gesamte Stadtgebiet künftig unter die Lokalpreisstufe fällt. Aus bislang zwei Preisstufen wird also eine. Bleiben soll das Kurzstreckenticket, das sogar ein bisschen attraktiver wird, da es künftig auch morgens im Berufsverkehr genutzt werden darf.

Es folgt die Umlandpreisstufe. Sie ist etwas komplizierter als die Lokalpreisstufe, da sie in drei Bereiche aufgeteilt werden soll. Bad Schwartau und Stockelsdorf würden demnach zum günstigsten Umlandbereich zählen. „Die Hansestadt Lübeck hat im Prozess wiederholt versucht, eine einheitliche Lokalzone, auch mit Stockelsdorf, Bad Schwartau und Sereetz, zu realisieren“, schreibt die Stadtverwaltung. Damit ist sie gescheitert. Fahrten von Lübeck in die benachbarten Gemeinden Ostholsteins (und umgekehrt) werden somit ab 2027 teurer. Die Umlandpreise sollen, so der Plan, mindestens 15 Prozent über den lokalen Preisen liegen.

Das Lübecker Umland reicht der aktuellen Planung zufolge von Sierksdorf im Norden über Wahlstedt und Bad Oldesloe/Grabau im Westen bis Ratzeburg und Nusse im Süden. Mölln zählt nicht mehr dazu. Hier sind noch leichte Änderungen zu erwarten, schreibt die Stadt an die Politiker.

Alle Fahrziele im Land, die nicht über die Lokal- und die Umlandpreisstufe zu erreichen sind, fallen unter die einheitliche Netzpreisstufe, die das ganze Bundesland inklusive des vollständigen HVV-Bereiches umfasst. So ist ab 2027 auch Lüneburg über den SH-Tarif erreichbar. „Insgesamt wird ein Tarifniveau für mittlere und lange Reiseweiten erwartet, das deutlich attraktiver als das heutige ist“, schreibt die Stadt. Zum Beispiel für Fahrten nach Kiel oder Hamburg.

Das neue System wird landesweit umgesetzt. Es wird also für jeden Ort ein Lokal- und ein Umlandbereich definiert. Die jeweiligen Kommunalpolitiker dürfen in zwei Punkten mitentscheiden. Zum einen müssen sie die Reform als solche gutheißen. Würde zum Beispiel die Lübecker Bürgerschaft das Modell ablehnen, könnte es landesweit nicht umgesetzt werden.

Punkt zwei: Vor Ort wird über die Preise für die lokale Tarifstufe entschieden. Die Vorgabe ist, dass die Reform ergebnisneutral umgesetzt werden soll. Das heißt: Insgesamt wird nicht mehr und nicht weniger Geld eingenommen als vorher. Trotzdem kann es für einige Fahrgäste günstiger, für andere teurer werden.

Das liegt nicht nur an den Preiszonen, sondern auch an den Fahrkarten: Einige fallen weg, andere kommen neu hinzu. Mehr Übersichtlichkeit und Einheitlichkeit sind auch hier das Ziel. Regionale Besonderheiten wie die Mehrfahrtenkarte in Lübeck werden gestrichen. Ebenso wird es Wochenkarten, Großgruppenkarten und die Kleingruppenkarte in der bisherigen Form nicht mehr geben. Auch die Anerkennung von Bahncard und SH-Card wird landesweit auslaufen.

Stattdessen können die Fahrgäste wählen zwischen einer Einzelfahrkarte (in Lübeck auch Kurzstrecke), einer Tageskarte (lohnt sich ab der zweiten Fahrt) sowie einer Tageskarte Gruppe, deren exakter Preis sich nach der Personenzahl (maximal fünf) bemisst. Als Option ist die 1. Klasse zubuchbar.

Die Kosten für die einzelnen Fahrkarten stehen noch nicht fest, da die politische Debatte in Lübeck noch gar nicht begonnen hat. Zur Orientierung hat die Stadt der Politik eine Tabelle auf Grundlage der aktuellen Preise vorgelegt. Die endgültigen Preise werden davon abweichen.

Für bisherige Einzelfahrscheinkäufer der Preisstufe 1 würde es demnach fast 40 Prozent teurer – auf Grundlage des aktuellen Preisniveaus 3,30 statt 2,40 Euro. Das betrifft allerdings nur 5,5 Prozent der Nutzer. Das Gros, 94,5 Prozent, kauft Tickets der bisherigen Preisstufe 2. Für sie würde es leicht günstiger - 3,30 statt 3,40 Euro.

Die neue Tageskarte wird laut Stadt verglichen mit der Preisstufe 2 um mehrere Euro billiger – in der Größenordnung 6,50 statt 9,50 Euro. Die Kleingruppenkarte kostet derzeit 16,80 Euro. Auf dem Niveau von heute würde die Tageskarte Gruppe für zwei Personen 10,30 Euro und für vier Personen 17,90 Euro kosten. Am meisten draufzahlen – etwa zehn Prozent – würden Nutzer der bisherigen Mehrfahrtenkarten. Nah.SH und Stadt gehen davon aus, dass Vielfahrer weiterhin das Deutschlandticket nutzen werden. hvs
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