Experten zur Schließung des Parkhauses Holstentor: Vorübergehend verkraftbar
ADAC sieht noch genügend Ausweichkapazitäten – Handelsverband befürchtet Nachteile für die Innenstadt.

Das Parkhaus am Holstentor ist marode und muss durch einen Neubau ersetzt werden.Foto: Timon Ruge
Lübeck. Völlig überraschend hat der städtische Parkplatzbetreiber KWL angekündigt, das Parkhaus am Holstentor mit mehr als 500 Stellplätzen zum Jahresende auf unbestimmte Zeit zu schließen. Was bedeutet das für Autofahrende und die Innenstadt, wollten die LN von Experten wissen.

„Der langfristige Ausfall des Parkhauses ist aus unserer Sicht sehr bedauerlich – insbesondere mit Blick auf die Erreichbarkeit der Innenstadt“, sagt Rainer Pregla, Sprecher des ADAC Schleswig-Holstein: „Wir verstehen, dass viele Lübeckerinnen und Lübecker die Schließung mit Sorge sehen.“

Dennoch würde es aktuell ausreichende Kompensationsmöglichkeiten geben. „Alle umliegenden Parkhäuser liegen in fußläufiger Entfernung von maximal einem Kilometer“, sagt Rainer Pregla. Eine Echtzeitauswertung der Parkraumauslastung belege, dass derzeit genügend Ausweichkapazitäten bestehen würden.

„Allerdings ist zu berücksichtigen, dass aktuell Herbstferien sind“, erklärt der ADAC-Sprecher, „in Zeiten mit höherem Besucheraufkommen kann sich die Situation deutlich anspannen.“

Der Handelsverband Nord sieht die Schließung kritischer. „Für die ohnehin herausfordernde Erreichbarkeit und Parksituation der Lübecker Innenstadt ist die Schließung des Parkhauses keine gute Nachricht“, erklärt Sprecherin Annett Rabe.

Die Innenstadt könne zwar den temporären Wegfall der mehr als 500 Stellplätze in gewissem Umfang verkraften. „Allerdings wird es Spannungen geben, beispielsweise für Pendler oder Besucher, die mit dem Auto in die Innenstadt kommen“, befürchtet Annett Rabe, „längere Wege und intensiveres Suchen nach freien Plätzen können abschreckend wirken.“

Für Einzelhandel und auch Gastronomie werde schon der vorübergehende Wegfall der Stellplätze voraussichtlich zu Einbußen führen, wenn die Erreichbarkeit mit dem Auto als eingeschränkt wahrgenommen wird und die Kunden fortbleiben, sagt die Handelsverbandssprecherin: „Je länger die Stellflächen fehlen, desto gravierender wären die Folgen für das innerstädtische Gewerbe.“

Insofern wäre zunächst eine nochmalige Verlängerung des Parkbetriebs wünschenswert, sagt Annett Rabe: „Die gewonnene Zeit sollte genutzt werden, um den anschließenden Neubau vorzubereiten, der auf keinen Fall infrage gestellt werden sollte. Je schneller dieser umgesetzt wird, desto geringer wären die Folgen für die innerstädtische Wirtschaft.“

Auf den Neubau drängt auch Manfred Braatz, Leiter Team Standort der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Lübeck: „Die baulichen Probleme beim Parkhaus Holstentor sind bereits seit Jahren bekannt. Die jetzige Entwicklung ist daher wenig überraschend. Es ist begrüßenswert, dass das Parkhaus noch während des Weihnachtsmarktes 2025 zur Verfügung stehen wird.“

Jetzt gelte es, den bereits vor sechs Jahren gefassten Beschluss eines Neubaus zügig zu verwirklichen. Manfred Braatz: „Die Unternehmen auf der Altstadtinsel sind darauf angewiesen, dass ihre Kunden sie auch mit dem Pkw erreichen können.“

Im März 2021 hatte die Bürgerschaft den Bau von zwei neuen Parkhäusern beschlossen. Anstelle des Gebäudes am Holstentor soll ein Systemparkhaus entstehen, das aber weniger als 500 Plätze hat. Um das auszugleichen, soll auf der Mittleren Wallhalbinsel ein weiteres Parkhaus entstehen. Eine Anfrage der LN bei Stadt und KWL zum Thema blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Seit diesem Jahr liegt ein Entwurf für ein neues Parkhaus vor. Die Umsetzung hatte der KWL-Bereichsleiter Parken zuletzt als nicht sicher bezeichnet.

Nach LN-Informationen soll der Entwurf nicht umgesetzt werden. Stattdessen soll nach einem Investor gesucht werden, der das Gebäude saniert. Solange soll das marode Parkhaus weiter betrieben werden. Wenn alle Stränge reißen, wird sogar über einen ebenerdigen Parkplatz nachgedacht – allerdings mit deutlich weniger Stellplätzen. dor
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