Auch durch schlecht beleuchtete und zugeparkte Straßen gehen zu müssen – wo die Grundstücke dazu noch zum Bürgersteig durch hohe Hecken abgeschirmt seien – behage ihr nicht, stellt sie fest. Wobei sie sicherlich dieses Gefühl nicht exklusiv hat.
Da die junge Frau die gesamte Problematik der „städtischen Angsträume“ spannend findet, hat sie sich in ihrer Masterarbeit im Studiengang Stadtplanung an der Technischen Hochschule (TH) dieser komplexen Thematik eingehend gewidmet.
Im Dezember 2020 hatte die Hansestadt eine Online-Umfrage initiiert, an der hunderte Lübeckerinnen und Lübecker teilgenommen hatten. Die Verwaltung hat dann 26 Angsträume herausgefiltert.
„Drei unterschiedliche Räume habe ich mir exemplarisch herausgegriffen“, sagt Schlüter dazu, „den Klingenberg, den Bereich um das Karavellen-Hochhaus in Buntekuh und ein klassisches Wohngebiet in Hüxtertor.“
„Eins vorab“, merkt sie an, „natürlich ist ein Unsicherheitsgefühl immer subjektiv geprägt, also von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich, je nach Alter, Geschlecht und bisherigen Erfahrungen. Allerdings gibt es städtebauliche Maßnahmen, die bei jedem positiv wirken – wie ausreichende Beleuchtung.“
Konkret wird sie dann bei der Analyse ihrer drei „Studienareale“. So empfiehlt sie für den Klingenberg die Erhöhung der Aufenthaltsqualität – „durch beispielsweise Cafés mit Außengastronomie in den umliegenden Bürogebäuden. Das könnte dazu beitragen, die sozialen Gruppen mehr zu durchmischen und so Konfliktpotenzial herausnehmen zu können.“
Für die Umgebung des Karavellen-Hochhauses wünscht sich die Stadtplanerin mehr Freizeitangebote, um die verwaisten Grünflächen dort mehr zu beleben. Zudem sollten die Nachbarschaften verzahnt und ein Quartiersmanagement etabliert werden.
Und in Wohnstraßen wie der Herderstraße schlägt sie vor, die Einsehbarkeit zu verbessern. „Das kann man einerseits dadurch erreichen, den Parkraum in diesen engen Wohnstraßen aufzulockern, andererseits durch Einbindung der Vorgärten in den öffentlichen Raum. Wenn zum Beispiel mehr Licht aus den bewohnten Erdgeschossen auf die Straße dringt, verbessert dies das Sicherheitsgefühl der Passantinnen und Passanten“, ist sie sich sicher.
Dass die Verwaltung das Problem der Angsträume ernst nimmt, betont Stadtsprecherin Nicole Dorel. So habe der Bereich Stadtgrün und Verkehr gleich nach der Online-Umfrage die identifizierten Angsträume insbesondere hinsichtlich mangelnder Beleuchtung überprüft und zahlreiche Maßnahmen eingeleitet.
„Und in diesem Jahr erfolgt die größere Baumaßnahme am St.-Jürgen-Ring“, sagt Dorel. Mit dem Umbau des Überwegs werde der Angstraum Unterführung St.-Jürgen-Ring beseitigt.
Architektin Lydia Rintz, TH-Professorin Städtebau, formuliert: „Nur eine gerechte Stadt ist eine sichere Stadt.“ So sei es beim Thema Stadtentwicklung essenziell, die Perspektiven vielseitiger und vielfältiger zu wählen.
So nennt sie als Beispiel die zugeparkte Altstadtinsel. „Diesen Status quo sollten wir nicht als gegeben hinnehmen. Denn Straßen, die eingesehen werden können, geben uns auch ein besseres Sicherheitsgefühl“, so ihre Überzeugung.