Ferngesteuerte Kameras helfen Fluglotsen
Flughafen investiert in neues Kontrollsystem im Tower – Damit sollen Starts und Landungen an anderen Airports abgewickelt werden.

Neubau am Flughafen: Geschäftsführer Jürgen Friedel steht vor dem Gebäude, in das Tower, Restaurant und Kongresszentrum einziehen sollen.Foto: Agentur 54°
Lübeck. Bohrhämmer rattern, Handwerker machen ihre Arbeit. Nur gelegentlich sind Durchsagen unter dem Baulärm zu hören. Am Airport Lübeck entsteht ein neues Gebäude. Von der Blankenseer Straße ist es nicht zu übersehen. Besonders auffällig ist der neue, hohe Tower. Nicht zu sehen ist dagegen, dass dort ganz neue Technik Einzug halten soll.

Der Flughafen investiert in ein neues, ferngesteuertes Kontrollsystem. Laut Geschäftsführer Jürgen Friedel entsteht ein sogenanntes Remote Tower Control Center. Es soll die Arbeit der Fluglotsen grundlegend verändern. Noch sitzen diese oben im Tower und blicken von dort auf Vorfeld und Landebahn.

In Zukunft sollen sie tiefer im Gebäude sitzen. Ohne schöne Aussicht, dafür vor XXL-Bildschirmen. Kameras übertragen dann alle wichtigen Bilder vom Flugfeld dorthin. Die Kameras sind bereits installiert. Sie sind am oberen Rand des Towers zu erkennen.

Friedel sieht in der neuen Technik weitgreifende Vorteile. „Moderne Kamerasysteme sind dem menschlichen Auge überlegen“, sagt der Airportchef. „Selbst bei Nacht oder schlechten Sichtbedingungen liefern sie bessere Ergebnisse.“ Der Lotse könne außerdem eine Kamera gezielt auf ein Flugzeug ansetzen und es automatisch verfolgen lassen. Dafür ist im normalen Tower ein Fernglas nötig.Lübecker Fluglotsen sollen andere Airports steuernDoch die neue Technik habe noch weitere Vorteile, sagt Friedel. Ziel sei es, andere Flughäfen fernzusteuern, etwa Sylt oder Heringsdorf. Sind auch dort Kameras installiert, können die Bilder ins Kontrollzentrum nach Lübeck übertragen werden. Dann könnte ein Fluglotse von dort arbeiten. „Er steuert Starts und Landungen über das neue System“, erklärt Friedel.

Das wäre vor allem dann sinnvoll, wenn in Lübeck saisonal bedingt wenige Flüge abgewickelt würden. Laut Friedel entstünden dadurch Leerzeiten, in denen die Fluglotsen andere Flughäfen kontrollieren könnten.

Und die Fernsteuerung funktioniert auch in die andere Richtung. „Somit wäre es auch möglich, Lübeck von einem anderen Center aus zu steuern“, sagt Friedel. Geplant sei das aber nicht. Die Flüge ab und nach Lübeck sollen demnach weiter unter der Aufsicht Lübecker Fluglotsen stehen. Der Airport in Blankensee solle zum „Vorreiter und Zentrum der neuen Technologie“ werden, sagt Friedel. „Wir wollen nicht mitschwimmen, sondern gestalten.“ Die Flugsicherheitsorganisation Triac (ein Zusammenschluss der Austro Control und der Triwo AG) habe das System entwickelt.

Friedel sieht „nachhaltige Effizienzvorteile, Standortsicherheit und damit verbunden eine Kostenreduktion durch Nutzung eines Centers an den Randzeiten“. Hat der bisherige Tower bald ausgedient? Sobald mit dem Remote Tower Control Center gearbeitet werden könne, stehe der Tower entweder für Notfälle oder andere Nutzungen zur Verfügung, sagt Friedel.

Flughafen baut auch neues Kongresszentrum

Wann das neue System am Flughafen laufen wird, steht noch nicht fest. Auch über die Kosten macht Friedel keine Angaben. Bis es soweit ist, werden sich die Baukräne noch eine Weile drehen. Denn nicht nur das Remote Tower Control Center entsteht derzeit. Im neuen Gebäudekomplex am Flughafenterminal soll auch die Verwaltung untergebracht werden. Außerdem entsteht ein Restaurant und ein Kongresszentrum für bis zu 400 Personen. Integriert sind auch Büroflächen und die Feuerwehrgarage.Wann ist das Kongresszentrum mit dem neuen Tower fertig? „Wir befinden uns derzeit in der Fertigstellung des zweiten Bauabschnitts, der voraussichtlich Anfang 2026 weitgehend abgeschlossen sein wird“, sagt Friedel. „Seit rund drei Jahren treiben wir das Projekt voran – rein privat finanziert.“ jac
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