Wann muss ich Blumen gießen?
Wie Sensoren im Alltag helfen
Jeder kann Messdaten mit LoRaWAN-Sensoren erheben – TH, Uni und Stadtwerke entwickelten Netzwerk.

TH-Forscherin Finja Wegener bringt einen Sensor in Stellung, der die Bodenfeuchte misst.Foto: Agentur 54°
Lübeck. Das Spektrum, was sie alles erfassen können, ist groß. Ob zum Beispiel die Temperatur, die Luft- oder Bodenfeuchte, den Wasserstand, die CO2 -Konzentration in der Luft, Bewegung, Licht oder Strom – sehr vieles kann mit einem speziellen Messfühler beziehungsweise einem sogenannten LoRaWAN-Sensor gemessen werden.

„Wenn ich einen kleinen Bach hinter meinem Grundstück habe, und ich sorge mich, dass dieser aufgrund des immer heftiger werdenden Starkregens mal über die Ufer tritt, könnte ich mir mit diesen Sensoren ein eigenes Hochwasser-Frühwarnsystem aufbauen“, sagt Christoph Külls.

„Oder die Sensoren weisen mich darauf hin, dass ich wieder zum Gießen in den Schrebergarten fahren muss“, nennt er ein weiteres alltägliches Praxisbeispiel. Der Professor für Internationale Wasserwirtschaft an der TH Lübeck ist Fan der Funkübertragungstechnik und der sogenannten Citizen Science. Bürgerinnen und Bürger werden also selbst zu Forschern und erheben zusätzlich zu den offiziellen Stellen eigene Umweltdaten.

Der große Vorteil von LoRaWAN: Die Sensoren dieses „Long Range Wide Area Network“ können ungefähr zehn Kilometer weit senden und sind relativ günstig in jedem Elektrofachhandel zu erwerben – je nach Messparameter schon ab 20 Euro.

Dazu kommt noch, dass Schleswig-Holstein schon recht früh den Nutzen der digitalen Technologie erkannt hat. „So konnte inzwischen fast flächendeckend ein Netzwerk mit über 420 Funk-Gateways aufgebaut werden. Also Antennenmasten, die als Übertragungsstellen fungieren und die Daten weiterleiten“, erklärt Külls-TH-Kollege, Elektrotechnik-Experte Prof. Horst Hellbrück.

„Meines Wissens hat das bisher in dieser Dichte kein anderes Bundesland“, sagt Hellbrück. Alle gesammelten LoRaWAN-Daten sollen zukünftig im Internet auf einer neuen Plattform, die für alle zugänglich ist, zusammengeführt werden.

„Diese entwickeln wir als TH zusammen mit der Uni und den Stadtwerken. Sie basiert auf offenen Standards und Open-Source-Technologie, was Transparenz, Sicherheit und digitale Souveränität gewährleistet“, versichert der Professor. Mit fast einer halben Million Euro unterstützt das Land dieses sogenannte „IoT-Hub SH“-Projekt.

„In der aktuellen Testphase können Bürger wie auch Kommunen und Hochschulen im Land kostenfrei partizipieren“, erläutert der Leiter des Kompetenzzentrums CoSA. Man müsse nur ein Konto anlegen und sich mit der Nummer des Sensors registrieren. Anschließend liefen die Daten auf der Plattform ein, die jederzeit im Internet zugänglich sei. Man benötige entsprechend keine, eigene Datenerfassungs-Infrastruktur.

Jetzt sind Uni und TH dabei, weitere Anwendungsmöglichkeiten dieser Technologie für die Wissenschaft zu konzipieren. So denkt Uni-Projektpartner Prof. Stefan Fischer expliziert an Infektionsforschende aus der Medizin auf seinem Campus.

„Das Sensoren-Netzwerk könnte frühzeitig Daten und Informationen zu Krankheitsentwicklungen liefern, indem es beispielsweise nicht personenbezogen die Körpertemperatur von Passanten in der Stadt oder die Virenlast in Abwasserproben misst“, führt der Informatiker aus.

Ein weiterer Anwendungswunsch kommt aus der Studierendenschaft: Mögliche Sensoren können Lichtschranken oder Wärmesensoren sein, mit denen sich die Auslastung der Hochschul-Mensa erfassen oder die Wärme regulieren lässt.

TH-Hydrologe Külls hebt für sein Fach hervor, dass gerade in Zeiten des Klimawandels jede weitere Information über die Umwelt extrem hilfreich sein kann. mho
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