Nach Einstieg des Investors: Brötchen bei Junge werden nicht teurer
Lübecker Bäckerei gibt Kunden nach Anteilsverkauf eine Preisgarantie – Angebot bleibt gleich.

212 Filialen hat die Lübecker Bäckerei Junge. Im Mai 2023 wurde der Standort in Trittau eröffnet. Künftig will das Unternehmen pro Jahr bis zu 15 neue Filialen eröffnen.Foto: hfr
Lübeck. Morgens 9.30 Uhr in Lübeck. Der erste Gang führt zum Bäcker. Die Schlange in der Filiale der Bäckerei Junge am Kohlmarkt in Lübeck ist lang. Während die hungrigen Kunden warten, fällt immer wieder eine Frage: Werden die Brötchen bei Junge bald teurer?Die Sorgen der Kunden haben einen Grund: Das Lübecker Unternehmen hat einen Großteil seiner Unternehmensanteile verkauft.74,9 Prozent übernimmt die Beteiligungsgesellschaft Egeria. Die Familie Junge behält 25,1 Prozent der Firmenanteile.

Das Familienunternehmen wandle sich, aber bleibe doch der altbewährte Bäcker, sagt Junge-Sprecher Gerd Hofrichter. Werden die Preise für Franzbrötchen und Küstenkruste bald steigen? „Nein, warum sollten sie“, sagt Hofrichter. „Es wird keine Preiserhöhung geben, die im Zusammenhang mit der neuen Partnerschaft steht.“

Auch am Sortiment ändert sich nichts. „Es wird keinen Austausch von Produkten geben. Egeria wird sich komplett aus dem operativen Geschäft heraushalten“, versichert der Sprecher. „Darin ist Junge der Profi. Hier geht es um eine strategische Partnerschaft.“

Seit 128 Jahren gibt es die Bäckerei Junge. Am 1. April 1897 hat Johannes Conrad Detlef Junge in der Lübecker Yorkstraße 17 in seiner Dampfbäckerei Hansa J. C. D. Junge & Co die ersten Brötchen gebacken und verdient. Seitdem ist aus der kleinen Backstube ein familiäres Imperium entstanden. Heute gibt es 212 Junge-Filialen in sechs Bundesländern. 5600 Mitarbeiter arbeiten bei Junge.

Dem Unternehmen geht es wirtschaftlich „exzellent“, sagt Hofrichter. Das bestätigt auch der geschäftsführende Gesellschafter Tobias Schulz: Bei einem Jahresumsatz von 271 Millionen Euro netto sei die Gewinnspanne sehr zufriedenstellend.

Hofrichter stellt klar: „Die neue Partnerschaft ist kein Rettungsplan, sondern ein Wachstumsschritt. Um mit Brot, Brötchen und Systemgastronomie weiter auf Erfolgskurs zu sein, sind langfristige Investitionen in Produktion, IT und Vertrieb nötig.“ Das Unternehmen benötigt also Kapital – und das bekommt es durch den Verkauf der Geschäftsanteile.

Zudem will Junge weiter wachsen. 10 bis 15 neue Filialen sollen pro Jahr dazukommen. „Ja, die Ziele sind ambitioniert“, sagt Hofrichter. Der geplante jährliche Zuwachs basiere auf Marktanalysen. Das Unternehmen betrachte dabei das Angebot und die leistbaren Kapazitäten ebenso wie die Manpower.

Jungen konzentriert

sich auf den Norden

Die Expansionspläne von Junge entsprechen dabei nicht dem bundesweiten Branchentrend. Laut dem Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks gibt es immer weniger Handwerksbäckereien. In den vergangenen 60 Jahren sank die Zahl der Betriebe von rund 55.000 auf 9.000.

Und wo will die Lübecker Firma ihre nächsten Filialen eröffnen? Geplant seien Filialen nur im Norden, sagt Hofrichter. „Wir fühlen uns hier wohl und unsere Gäste lieben uns.“ Neu dazukommt beispielsweise eine Filiale in Wedel (Kreis Pinneberg). Dafür werde ein Burger King mit Drive-in umgebaut. Die Eröffnung ist für Herbst geplant. Im Gewerbegebiet in Bargteheide soll es auch eine neue Bäckerei mit Café geben. In Lüneburg, Hamburg-Harburg (Phoenix-Center) und Stralsund (Strelapark) wird ebenfalls neu gebaut.

Auch wenn Junge offiziell bald kein Familienunternehmen mehr sein wird, soll dessen Charme erhalten bleiben. „Die Familie Junge hat sehr wohl Einfluss auf zukünftige Entscheidungen“, sagt Hofrichter. Zudem seien mehr Junge–Familienmitglieder im Unternehmen tätig – operativ als auch beratend – als je zuvor: Axel Junge bleibe Beiratsmitglied, Isabelle und ihre Schwester Caroline Junge seien sehr aktiv im operativen Geschäft. „Daher ist der Charme des Familienunternehmens ungebrochen und spürbarer denn je.“ kst
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