Taubenplage: Tierschützer fordern Handeln
Vögel brüten in Wohnungen – Verein plädiert für Brutmanagement.

Besonders am Markt und am Holstentor kommen viele Tauben zusammen. Wer sie unbedingt füttern will, sollte kein Brot oder Essensreste, sondern Weizen verwenden.Foto: Lutz Roeßler
Lübeck. Wer auf dem Lübecker Markt gemütlich in der Sonne ein Stück Kuchen essen und einen Kaffee trinken will, der kennt das Problem. Man sollte immer aufpassen, ob nicht plötzlich eine Taube aus der Luft direkt auf dem Tisch landet, um ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Am Markt wird besonders deutlich: Lübeck hat ein Taubenproblem.Aber nicht nur da. Am Bahnhof beschweren sich Reisende seit Jahren über Taubenkot. Bei der dortigen Junge-Filiale wird schon mit einem Kettenvorhang gegen die Tiere gekämpft.Jüngst haben die Tauben sogar leer stehende Wohnungen in Buntekuh bevölkert, um darin zu brüten. Doch das Problem sind nicht die Tiere an sich, sondern: „Es gibt in Lübeck schlichtweg zu viele Tauben“, sagt Lara Resthöft aus dem Vorstand des Vereins Taubenhilfe, der vorher Stadttauben Lübeck hieß.

Die Lösung für das Problem wäre ein Taubenmanagement, bei dem durch Austausch der Eier die Anzahl der Tiere reduziert werden würde. Dafür müssten in der Nähe der Tauben-Hotspots Taubenhäuser gebaut werden, die jemand betreut und die Eier der Tauben durch Gipseier austauscht.

„Es gibt viele Städte, in denen das funktioniert. All diese Städte können ein Rückgang der Tauben aus der Innenstadt verzeichnen, Beschwerden gibt es dort so gut wie gar nicht“, sagt Resthöft.

Die Hansestadt Lübeck räumt ein, dass es regelmäßig Beschwerden über die Tiere gibt. Es gab schon Bemühungen in der Bürgerschaft, das Problem zu lösen, aber: „Ein Taubenmanagement für Lübeck einzuführen, wurde aus Kostengründen abgelehnt“, sagt Stadtsprecherin Nicole Dorel, und: „Es finden derzeit keine Maßnahmen statt, um die Stadttaubenpopulation zu minimieren.“

Die Taubenhilfe kümmert sich um die Tiere, wöchentlich erreichen den Verein zehn Anrufe wegen Tauben aus Lübeck. 79 Stadttauben aus der Hansestadt hat Resthöft im vergangenen Jahr in ihrer Pflegestation in Bad Oldesloe aufgenommen. Sie waren verletzt, wurden angefahren oder misshandelt.

Im Tierheim Lübeck waren es noch mehr. „Im vergangenen Jahr haben wir 226 Tauben versorgt“, sagt Susanne Tolkmitt, Vorsitzende des Vereins Tierschutz Lübeck und Umgebung. „Wir haben einen Taubenschlag auf unserem Gelände, aber selbst wenn wir fünf davon hätten, könnten wir dem Elend nicht Herr werden.“

Die Misshandlung von Tauben ist keine Seltenheit.In der Hansestadt Lübeck und im Kreis Ostholstein gab es im laufenden Jahr bereits vier Fälle von vorsätzlich verletzten oder getöteten Tauben. Im Februar gab es einen besondersschrecklichen Fall: Jemand hat zwölf Tauben gequält und dann umgebracht, ihnen die Fußringeabgenommen und die Tiere dann am Straßenrand entsorgt.

Bewohner in Lübeck sind immer wieder genervt von den Tauben, die sich überall einnisten. Am Holstentor brüten Tauben, im Bahnhof, auf Dachböden, in Treppenhäusern und Tiefgaragen. Doch das wollen die Anwohner nicht hinnehmen. „Es wird viel vergrämt“, sagt Resthöft. „Dass diese Vergrämungen nichts nutzen, zeigt sich gut am Hauptbahnhof: Erst versuchten sie es mit Spikes – Fehlanzeige. Dann mit Strom – wieder Fehlanzeige.“

Netze funktionierten in der Regel gut, wenn sie richtig gewartet würden – aber das passiere selten. Resthöft: „Problematisch ist, dass sich die Tauben durch die Vergrämung neue Plätze zum Schlafen und Brüten suchen und wir hier nur eine Verschiebung des ursprünglichen Problems haben.“ han
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