In Vorrade sind bis zum Stichtag 31. Dezember Kosten in Höhe von 258.360 Euro für die Archäologie aufgelaufen. Diese Zahlen haben die EBL im Werkausschuss genannt. Pro Monat kalkuliert das städtische Unternehmen aktuell mit 19.693 Euro.
Grundlage dafür ist das Denkmalschutzgesetz des Landes. Es folgt dem Verursacherprinzip. Sprich: Wer buddelt, muss zahlen. Dass diese Regelung richtig ins Geld gehen kann, zeigt das Beispiel Hüxtertorallee. Dort hatten die Entsorgungsbetriebe den Regenwasserkanal erneuert. Die Arbeiten verzögerten sich monatelang, weil sich dort ein früherer Armenfriedhof befand.
Es folgten umfangreiche archäologische Untersuchungen. Für die gesamte Baumaßnahme kam eine Rechnung von 500.000 Euro zusammen. „Die Kosten der Archäologie und für Zeiten des Baustillstandes betragen zusammen etwa 400.000 Euro“, teilte EBL-Sprecher Mirko Wetter auf LN-Anfrage mit. Das sind 80 Prozent der Gesamtsumme.
Mit Blick auf Vorrade bezeichnete Paul-Gerhard Röttger (CDU) im Ausschuss die Kosten in Höhe von fast 260.000 Euro als „Irrsinn“. Er kritisierte die entsprechende Landesgesetzgebung. In Vorrade sei bislang nichts Bedeutsames gefunden worden.
Das sieht die Lübecker Stadtverwaltung anders. Im Bereich entlang der Karkbrede seien die historische Entwicklung der Straße, Flurstücksverschiebungen und ehemals vorhandene Knicks nachgewiesen worden, sagt die stellvertretende Stadtsprecherin Nina Rehberg.
Die Baustelle wandert nun zum eigentlichen Dorf weiter. Dort geht es zum Beispiel um den mittelalterlichen Dorfkern, der 1163 erstmals schriftlich erwähnt wurde. Auch Belege von historischen Wegen sind für die Forschung von Bedeutung. Verbindungen von St. Jürgen über Vorrade nach Wulfsdorf seien mindestens seit dem Mittelalter als wichtige Verkehrs- und Kommunikationsadern genutzt worden, sagen die Experten der Stadt. In diesem Bereich gebe es auch zahlreiche bekannte Fundstellen besonders aus der Steinzeit, Bronze- und Eisenzeit.
Unweit von Vorrade fanden umfangreiche archäologische Arbeiten statt, als das neue Gewerbegebiet Semiramis erschlossen wurde.Dort wurden unter anderem Reste von Wohnhäusern aus der Zeit um Christi Geburt entdeckt.Auch wenn die Gesetzgebung vom Land kommt, sind in Lübeck Experten der Stadtverwaltung tätig. Der Grund: Auf Lübecker Gebiet ist die Hansestadt als Denkmalbehörde zuständig. Nach Auskunft der Stadtverwaltung wird jedes Bauvorhaben im Vorfeld geprüft, ob archäologische Befunde und Funde bekannt, zu erwarten oder bereits früher gefunden worden sind.
„Aber nicht bei jeder Maßnahme ist eine ständige archäologische Baubegleitung erforderlich“, sagt Nina Rehberg. „Im Grabungsschutzgebiet der Altstadt hingegen ist in der Regel immer der Einsatz der Archäologie gefordert.“
Wegen der schwierigen Bodenverhältnisse haben sich die Arbeiten in Vorrade auch ohne das Zutun der Archäologie verzögert. Eigentlich sollte die Ortsdurchfahrt für den Bau der Kanalisation bereits seit Januar gesperrt sein. Ein neuer Termin ist noch nicht absehbar. Die EBL wollen ihn aber mit einem Vorlauf von 14 Tagen bekannt geben. Vermutlich wird er noch vor den Sommerferien liegen, hieß es im Ausschuss. Die Bauzeit soll im ersten Quartal 2026 enden.