„Was darf es denn sein?“, fragt Witt den Mann, der sich offenbar nicht entscheiden kann, ob er lieber dicke oder dünne Stangen oder vielleicht sogar nur Spargelspitzen kaufen will. „Geben Sie mir bitte ein Kilo von den dicken Stangen“, sagt er nach etwas Bedenkzeit, und: „Den mache ich mir mit Kartoffeln und Sauce hollandaise, herrlich!“
Christiane Witt hat nicht viel Zeit, sich über Spargelrezepte auszutauschen. Für sie brauche es sowieso nicht mehr als Butter, Kartoffeln und eine Scheibe Schinken zum Spargel. „Ich bin seit vier Uhr auf den Beinen“, sagt die Marktverkäuferin, die schon den nächsten Kunden bedient. „Die Spargelzeit ist eine eigene Jahreszeit! Da haben wir hier besonders viel zu tun.“
Und dieses Jahr ist ein gutes Jahr für die „Königin des Gemüses“ oder den „kulinarischen Star des Frühjahrs“, wie manche das Stangengemüse nennen. „Die Spargelsaison ist gut gestartet“, sagt Daniela Rixen, Pressesprecherin der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein. „Die Verkäufe stimmen optimistisch. Die Temperaturen sind optimal für den Spargelverzehr: nicht zu kalt und nicht zu heiß.“
Die Spargel-Nachfrage ist so groß, dass Klaus Witt, Chef des Gemüsestandes, um zehn Uhr schon wieder Nachschub holen muss. „Der Spargel hier bei uns wurde heute Morgen gestochen. Vom Feld in die Sortierung und dann ab auf den Markt“, sagt der 64-Jährige, der schon seit 40 Jahren auf Wochenmärkten unterwegs ist und mehrere Kisten mit weißem Spargel aus seinem Auto zum Verkaufsstand schleppt. „Heute Morgen hatten wir ordentlich mit dem Wind zu kämpfen. Das war eine Herausforderung wegen der Folien, unter denen der Spargel wächst.“
Der Spargel mache momentan den meisten Umsatz, aber reich werde man davon auch nicht. Witt baut Spargel auf etwa 25 Hektar an, für ein Kilo der dicken Stangen müsse er 13 Euro nehmen. „Die Löhne werden immer höher, ich kann nicht weniger nehmen, das wäre nicht wirtschaftlich.“
Nach Angaben des Bauernverbandes Schleswig-Holstein mussten landwirtschaftliche Betriebe in den letzten Jahren eine Erhöhung der Lohnkosten um 50 Prozent hinnehmen, die sie wegen des Wettbewerbsdrucks durch günstige Importware nicht einfach an die Verbraucher weitergeben können. „Es droht die Aufgabe von Flächen und ganzen Kulturen“, sagt Verbandssprecherin Maike Schwerdtfeger.
Doch davon lassen sich die Spargelverkäuferinnen den Spaß nicht verderben. Britta Schulze packt zwei Kilo weißen Spargel in eine Tüte und reicht sie einer Kundin. „Kann ich noch ein paar Tomaten haben?“, fragt die junge Frau. „Aber nur, wenn Du mir sagst, wer Deine Lieblingsverkäuferin ist“, antwortet Schulze und bekommt ein „Du, Britta“ zurück. Die 54-Jährige findet auch noch Zeit, mit der Kundin über die Zubereitung des Spargels zu schnacken. „Also ich mache meinen mit Butter im Ofen“, sagt Schulze und will gerade weitererzählen, als ihr Chef kommt. „So, jetzt wird hier wieder gearbeitet“, sagt Klaus Witt. „Außerdem gehört Spargel in einen Kochtopf – ohne Wenn und Aber.“