Uni-Präsident will Spitzenforschung
Prof. Helge Braun offiziell ins Amt eingeführt – KI-Schwerpunkt soll zur Trumpfkarte werden.

Schleswig-Holsteins neue Bildungsministerin Dr. Dorit Stenke und Lübecks neuer Uni-Präsident Prof. Helge Braun plaudern vor Beginn des Jahresempfangs im Audimax miteinander.Foto: Lutz Roeßler
Lübeck. Es ist eine Doppel-Premiere im gemeinsamen Audimax von Uni und TH an diesem Abend. Denn sowohl Schleswig-Holsteins neue Bildungsministerin als auch Lübecks neuer Uni-Präsident haben sich nach ihrem Amtsantritt noch nicht der Hochschulöffentlichkeit in großem Stile präsentiert.

„Wir beide sind neu im jeweiligen Amt, und ich freue mich sehr, Sie, Herrn Professor Braun, als Präsidenten dieser exzellenten Universität hier begrüßen zu dürfen“, sagt Dr. Dorit Stenke. Und dass sich ihre Wege gleich zu Beginn auf diesem Jahresempfang kreuzen würden, sei nicht nur „ein schöner Zufall, sondern ein starkes Signal für einen gemeinsamen Aufbruch, für die Zusammenarbeit und gegenseitiges Vertrauen“, betont die Ministerin aus Kiel.

Alles ist also angerichtet im großen Hörsaal, der mit rund 450 Gästen aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sehr gut ausgefüllt ist. Schließlich ruhen auf Helge Braun viele Hoffnungen und Erwartungen der Uni-Gemeinschaft, aber auch der Hansestadt und Stadtgesellschaft. Ein Bundespolitiker mit hoher Reputation, einst die „rechte“ Hand von Angela Merkel, der an die „kleine, familiäre Uni“ – so das Wording – in Lübeck gekommen ist.

Doch mit diesem Kleinreden solle jetzt Schluss sein. So jedenfalls lautet eine zentrale Botschaft des neuen Uni-Präsidenten in seiner Antrittsrede bei der feierlichen Inauguration. Zur Veranschaulichung hält er scherzhaft ein Sparschwein aus Berliner Tagen hoch und bemerkt: „Das Argument ‚Wir sind aber doch so klein‘ kostet in Zukunft fünf Euro.“

Denn beim Streben nach wissenschaftlicher Exzellenz sei so ein Denken nur hinderlich. Schließlich habe die Uni mit ihrem breiten Portfolio aus Lebens-, Natur- und Technikwissenschaften die Chance, einen wichtigen Beitrag zur Erforschung und Bewältigung großer Menschheitsaufgaben zu leisten.

Insgesamt sieht der gebürtige Hesse den Weg zu mehr Spitzenforschung, also zu mehr Exzellenz in der Forschung, als Handlungsmaxime seiner Präsidentschaft an. Dabei sei die Schwerpunktsetzung für eine Hochschule die wichtigste Voraussetzung.

„Wir sind als Profiluniversität ohnehin schon sehr stark. Aber wir müssen uns jetzt überlegen, wie wir innerhalb dieses starken Focus auf das Leben Bereiche identifizieren, wo wir noch stärker werden können“, formuliert der 52-Jährige.

Der inhaltliche Bogen, worum es da gehen könne, sei ja eigentlich schon vorgezeichnet. „Wir haben eine bärenstarke Informatik. Das Thema der Künstlichen Intelligenz ist in der Gesellschaft eins der zentralen, das uns beschäftigt. Und selbst diejenigen, die in Amerika und China KI entwickeln, warnen vor dem enormen Gefahrenpotenzial dieser revolutionären Technologie“, führt er aus.

Und insbesondere im Gesundheitsbereich müsse man doch die Frage stellen: „Wollen wir uns einer KI anvertrauen, die im Wesentlichen von Unternehmen aus den USA und China gestaltet wird, die damit auch Herr über die Daten werden?“

„Deshalb sollten wir uns beim Schwerpunkt Gesundheits-KI auf den Exzellenz-Weg machen. Mit unseren Informatikern, flankiert vom UKSH, dem zweitgrößten Uniklinikum Deutschlands. Dazu mit unserem starken psychologischen Bereich und der Fragestellung ‚Was nützt die KI dem Menschen?‘, wie auch mit unseren Expertinnen und Experten in Sensorik und Robotik“, wird er konkret.

Denn in sieben Jahren werde es höchstwahrscheinlich wieder die nächste Runde der Exzellenzinitiative geben. „Dabei wünsche ich mir, dass wir den Weg dorthin fröhlich bestreiten – wie die jamaikanische Bob-Mannschaft bei Olympia 1988 in Calgary. Sie hatten so viel Spaß und Motivation, dass sie am Ende echte Platzhirsche verdrängt haben“, so Braun.

Als weitere wichtige Themen seiner nächsten sechs Jahre nennt er noch den Transfer von Forschungsergebnissen in die Wirtschaft, mehr Internationalisierung im Studium, die Universität als Weiterbildungsträger sowie die Wissenschaftskommunikation. Zudem sieht er ein großes Potenzial, die Studien- und Lehrangebote der Universität weiterzuentwickeln und damit die Attraktivität des Campus als Studienort hochzuhalten.

Im Rahmen des Jahresempfangs wird traditionell auch der Thomas-Fredenhagen-Preis vergeben. In diesem Jahr geht er an das Forschungsteam von Prof. Enno Schmidt mit den Kolleginnen PD Dr. Nina van Beek, PD Dr. Stephanie Goletz und Dr. Sabrina Patzelt vom Institut für Experimentelle Dermatologie. mho
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