Das Verkehrszeichen, das an der Einfahrt zur Fischergrube steht, ist eindeutig. „Einfahrt verboten“ signalisiert der rote Kreis mit dem weißen Balken. Doch viele Autofahrer ignorieren das Verbot, seit die Durchfahrt der oberen Beckergrube gesperrt ist. Pkw, Lkw, selbst offizielle Fahrzeuge. Das hat Anwohnerin Steffi Teschendorff beobachtet. Sogar Polizei und Ordnungsamt hielten sich nicht an die Verkehrsregeln, erzählt die 61-Jährige. „Die fahren einfach die Fischergrube runter!“
Aber wer darf nun eigentlich das „Einfahrt verboten“-Schild ignorieren? „In Gegenrichtungen dürfen Einbahnstraßen nur befahren werden, wenn das per Zusatzzeichen unter dem Verbot der Einfahrt erlaubt ist. Fast immer handelt es sich dabei um den Radverkehr“, erklärt Nicole Dorel, Pressesprecherin der Hansestadt Lübeck, auf LN-Nachfrage.
Allerdings gebe es auch weitere Ausnahmen, erläutert Dorel. In der Fischergrube hätten unter anderem Taxis ein Sonderrecht. Entgegenkommender Verkehr sei gut einzusehen, außerdem würden Taxis dort auch nur vereinzelt verkehren.
„Zudem fallen neben den gemäß Verkehrszeichen ausgenommenen Fahrzeugen auch Fahrzeuge nach § 35 Abs. 1 StVO unter die Ausnahme, aufgrund der Wahrnehmung hoheitlicher Rechte“, sagt Dorel. An dieser Stelle erklärt die Straßenverkehrsordnung Sonderrechte für die Bundeswehr, die Feuerwehr, den Katastrophenschutz, die Polizei sowie für den Zolldienst.
Dabei spiele es keine Rolle, ob diese Fahrzeuge mit Blaulicht unterwegs seien oder nicht, erklärt das Presseamt. „Mit Blaulicht und Martinshorn werden zusätzlich die sogenannten Wegerechte in Anspruch genommen, die andere Verkehrsteilnehmer dazu verpflichten, sofort freie Bahn zu schaffen.“
Sonderrechte für die Einfahrt in die Fischergrube sollten auch den direkten Anwohnern des Areals eingeräumt werden, findet Steffi Teschendorff. „Als Anwohner kurvt man ständig umher, kommt aus dem Bereich des Kobergs nur schwer weg, und zudem sind viele Parkplätze weggefallen.“
Besonders ärgerlich für Teschendorff: Sie engagiert sich ehrenamtlich für das Agape-Haus in der Mengstraße und muss regelmäßig mit dem Auto in dem Problem-Areal unterwegs sein. „Die Stadtverwaltung sollte wirklich mal Fünfe gerade sein lassen“, findet die 61-Jährige.
Bislang sieht es aber nicht danach aus, dass die Einfahrt in die Fischergrube möglicherweise für alle Fahrzeuge freigegeben wird. Bis auf Weiteres gilt: Wer von der Breiten Straße in die Fischergrube fährt, ohne Sonderrechte zu genießen, verstößt gegen die Straßenverkehrsordnung. Wer erwischt wird, muss mit einem Bußgeld in Höhe von 50 Euro rechnen. Die Stadtverwaltung will sich aber nicht dazu äußern, ob der Bereich schärfer überwacht wird oder nicht. „Zur Überwachung können wir uns aus einsatztechnischen Gründen leider nicht äußern“, erklärt Stadtsprecherin Dorel.
An anderer Stelle hat die Stadt aber dem öffentlichen Druck nachgegeben. Nach Protesten der Händler in der Beckergrube wurden die dortigen Firmen-Wegweiser erneuert. Die Schilder zeigen an, welche Geschäfte in der Beckergrube geöffnet sind. Waren die Wegweiser bislang klein und unscheinbar, sind sie nun bunter gestaltet und mit einer Übersichtskarte versehen.