Busfahren für alle: Stadtwerke Lübeck bieten Training an
Menschen mit Beeinträchtigungen können sicheres Ein- und Aussteigen üben – Weitere
Termine in fast allen Stadtteilen.

Peter Salzwedel zeigt Nicole Jarosch beim Mobilitätstraining, wie man sicher in den Bus ein- und aussteigt.Foto: Lutz Roeßler
Lübeck. Ganze vier Stunden steht der Bus der Stadtwerke Lübeck an der Haltestelle Citti-Park.Nicht etwa, weil er eine Panne hat, sondern damit Menschen mit Beeinträchtigungen üben können, was für andere selbstverständlich ist. Beim sogenannten Mobilitätstraining können Fahrgäste das sichere Ein- und Aussteigen ausprobieren. Auch für gehörlose oder sehbehinderte Menschen gibt es Hilfestellung. Mitarbeiter der Stadtwerke stehen dabei bereit, um alle Fragen rund um den Nahverkehr und das Busfahren zu beantworten. „Es gibt ganz viele Fehler, die man beim Busfahren machen kann“, erklärt Mobilitätstrainerin Christine Palm.Die Trainings seien eine Möglichkeit, die Busse entspannt kennenzulernen. „Training am stehenden Bus“, sagt Palm dazu.Den Auftakt für das Training findet dieses Jahram Citti-Park statt. Bis November bringen die Stadtwerke das Mobilitätstraining in die meisten Lübecker Stadtteile. Ziel sei Menschen mit Einschränkungen die Angst vor dem Busfahren zu nehmen.Eva Melert nimmt dieses Angebot gerne an. Sie lässt sich von Trainerin Palm erklären, wie sie mit einem Rollator sicher ein und aussteigt. Wichtig: Beim Einsteigen müsse darauf geachtet werden, den Rollator erst mit den vorderen, dann mit den hinteren Rädern in den Bus zu hebeln.Ein häufiges Problem ist laut Palm, dass die Rollatoren gleich komplett hineingehoben werden.

Für die Busfahrt hat Palm noch einen Tipp: Beeinträchtigte Passagiere sollten sich einen richtigen Platz suchen und nicht auf dem Rollator Platz nehmen. Außerdem helfe es, sich entgegen der Fahrtrichtung zu setzen, da man so bei einer Vollbremsung in den Sitz gedrückt werde.

Beim Aussteigen mit Rollator sei es gefährlich, vorwärts aus dem Bus zu gehen. Es bestehe die Gefahr, dass die Räder zwischen Bus und Bordstein verkanten. Besser sei es, die Bremsen des Rollators anzuziehen, ruhig auszusteigen und dann den Rollator herauszuziehen.

Während vor dem Citti-Park das Mobilitätstraining stattfindet, wird im Einkaufszentrum das Lümo beworben. Dennseit diesem Jahr fährt der Bus-on-demand auch nach Stockelsdorf und Bad Schwartau. Das Lümo steht an diesem Tag ebenfalls bereit, um das Ein- und Aussteigen zu üben.

Auch Nicole Jerosch ist gekommen, um mit ihrem neuen Rollstuhl das Einsteigen in den Bus zu üben. Sie möchte ausprobieren, wie viel Schwung sie nehmen muss, um gut in den Bus zu kommen.

Jerosch ist in einer Selbsthilfegruppe aktiv und will auch andere Mitglieder der Gruppe motivieren, zu den nächsten Mobilitätstrainings zu gehen. Sie sagt, dass das Training anders als der Alltag ist, da der Bus fast leer ist. Zu Stoßzeiten nutze sie den Nahverkehr ungern, aufgrund der vielen Menschen.

Für Karsten Kupper ist das Mobilitätstraining ebenfalls sehr wichtig, denn er ist gehörlos. Beim Training habe er erfahren, wie man mit dem Fahrer kommunizieren soll, um sich als Gehörloser kenntlich zu machen, erklärt er in Gebärdensprache, die seine Tochter übersetzt.

Kommunikation mit dem Busfahrer sei ebenfalls wichtig, wenn der Bus erst losfahren soll, wenn die Fahrgäste sicher sitzen, erklärt Mobilitätstrainer Peter Salzwedel. „Die Busfahrer sind keine Hellseher“, sagt er.

Das Fahrpersonal helfe gerne und sei auch bereit, mit dem Losfahren einige Sekunden zu warten, bis die Fahrgäste sicher sitzen – dafür müsse man die Fahrer aber ansprechen. Denn pro Stopp haben die Fahrer nur 15 bis 30 Sekunden, erklärt Salzwedel, der selbst 17 Jahre lang Busfahrer war.

Der häufigste Fehler sei, sich nicht richtig festzuhalten, berichtet er. „Dann sind blaue Flecken vorprogrammiert.“ Zum Glück hielten sich derartige Vorfälle aber in Grenzen.

Im Bus erklärt Salzwedel, dass die Stangen zum Festhalten gelb sind, weil Sehbehinderte diese Farbe besser wahrnehmen können. Außerdem seien bei einigen Bussen die Stangen an den Türen geriffelt, um sie ertasten zu können.Beim Mobilitätstraining können Menschen mit Sehbehinderung üben, die Geräusche der Türen beim Öffnen und Schließen zu unterscheiden.

Der Klemmschutz der Türen kann ebenfalls ausprobiert werden. Hält jemand seine Hand oder einen Gegenstand zwischen die schließenden Türen, öffnen sich diese wieder, um Verletzungen zu vermeiden.

Während des Trainings bieten die Mobilitätstrainer Palm und Salzwedel Hilfe im Umgang mit Apps an. Sie erklären, wie die Lümo-Buchung per App funktioniert, oder wie die richtige Verbindung gefunden wird.

Das nächste Mobilitätstraining findet am 20. März statt. Zwischen 9 und 12 Uhr wartet ein Bus an der Haltestelle Roeckstraße in St. Gertrud.Weitere Termine für die Mobilitätstrainings sind:

■ 17.04. Travemünde: Haltestelle Priwall Fähre, 9-12 Uhr

■ 21.05.Bad Schwartau:Haltestelle Markt (vor der Bibliothek), 9-12 Uhr

■ 26.06. St. Lorenz Süd: Haltestelle Kolberger Platz, 11-15 Uhr

■ 17.07. Kücknitz: Haltestelle Kornweg, 9-12 Uhr

■ 24.09. St. Jürgen: Parkplatz AWO Paul-Ehrlich-Str. 5-7, 9-12 Uhr

■ 16.10. Moisling: Haltestelle Bahnhof Moisling, 10-13 Uhr

■ 05.11. Schlutup: Haltestelle Schlutup Markt, 9-13 Uhr. mis
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