Seinen Namen möchte er nicht nennen, sein Gesicht nicht zeigen. Der Anwohner der Straße Stadtweide, nennen wir ihn Gerd D., ist nicht nur genervt vom Müll, der fast direkt vor seiner Haustür lagert. Gerd D. ist eingeschüchtert. „Ich habe die Leute, die hier Müll hinschmeißen, schon ein paar Mal darauf angesprochen, ihnen gesagt, dass sie das lassen sollen“, berichtet er. Genützt aber hat das offenbar wenig. „Ein Mal sind zwei Mädchen tatsächlich umgekehrt und haben ihren Müll wieder mitgenommen“, sagt D.
Üblicherweise aber würde er für seine Hinweise bepöbelt, sagt der 66-Jährige. Ein Mal musste deswegen sogar die Polizei anrücken. Ein anderes Mal habe er einen Menschen fotografiert, der seinen Müll zwischen den Containern abgeladen hat, sagt Gerd D. Daraufhin sei er von dem Mann beschimpft und bedroht worden. „Er ist mir auf mein Grundstück gefolgt und hat gesagt, dass ich das Foto sofort löschen soll.“ Dabei sei ihm der Mann bedrohlich nahe gekommen, berichtet D.
Hilfe bei seinem Problem erhält D. nach eigener Aussage kaum. Meldungen an das Ordnungsamt und die Entsorgungsbetriebe hätten zu keinem sichtbaren Ergebnis geführt, sagt D. Aus dem Platz mit den Altglas- und Altpapiercontainern fast direkt vor seiner Haustür sei eine dauerhafte Müllhalde geworden.
Die Entsorgungsbetriebe Lübeck (EBL) wissen um das Problem der wilden Müllablagerungen in der Hansestadt. „Wir fuhren im Jahr 2024 rund 1100 Stellen mit wilden Müllablagerungen an“, erklärt EBL-Pressesprecher Mirko Wetter. 190 Tonnen Müll hätten die EBL dabei entsorgt, so Wetter. Die Kosten summieren sich: 120.000 Euro hätten diese Extra-Einsätze allein 2024 gekostet, vermelden die EBL.
Bürgern, die eine wilde Müllhalde entdecken, rät Wetter, diese zu melden. „Am besten mit Foto und genauem Standort, zum Beispiel über den Anliegenmelder der Hansestadt Lübeck, beim Kundenservice der Entsorgungsbetriebe oder direkt beim Ordnungsamt.“ Wenn möglich, sollte Zeugen auch das Autokennzeichen der Verursacher notieren und durchgeben, sagt der Pressesprecher.
Für den Müll-Verursacher kann das unter Umständen teuer werden. Denn unsachgemäße Müllentsorgung kann ein Bußgeld nach sich ziehen. Auch ein Straftatbestand kann erfüllt sein. Nämlich dann, wenn Dinge abgeladen werden, die eigentlich als Sondermüll deklariert sind.
Doch dafür müssen die Behörden die Täter erst einmal ermitteln. „Zur Sicherung von Beweisen dürfen tatverdächtige Personen und Fahrzeuge fotografiert werden“, erklärt Annakatharina Kroege von der Polizeidirektion Lübeck. Eigenmächtig veröffentlicht werden – zum Beispiel in den sozialen Medien – dürften diese Fotos aber nicht. Zuständig für wilden Müll sei aber in erster Linie die Abfallbehörde der Stadt.
Illegale Abfallablagerungen sowohl auf öffentlichem Grund als auch auf Privatgrundstücken seien Ordnungswidrigkeiten, teilt die Hansestadt Lübeck dazu mit. Im Jahre 2024 seien dem Ordnungsamt 163 Anzeigen über illegale Müllentsorgungen zugegangen, erklärt Nina Rehberg, stellvertretende Pressesprecherin der Hansestadt Lübeck. „Allen Anzeigen und Funden wird nachgegangen“, betont Rehberg. Wenn möglich, werde versucht, den Verursacher illegaler Müllablagerungen zu ermitteln.
Dafür müssen die Ermittler aber erst einmal Hinweise auf die Verursacher finden. Und diese hinterlassen Müllsünder in Lübeck tatsächlich relativ häufig. Der jüngste Fall wurde am Mittwoch im Nachbarschaftsnetzwerk nebenan.de gemeldet. Mit Fotos hat dort ein Nutzer von illegal abgeladenem Renovierungsmüll an Altpapiercontainer am Schellbruch berichtet. Das Besondere: In dem Abfall fand sich auch ein Kassenbon mit EC-Kartennummer.
Gerd D. glaubt nicht mehr daran, dass entsprechende Meldungen an die Behörden von Erfolg gekrönt sind. „Ich habe schon zwei Mal mit dem Ordnungsamt gesprochen, aber passiert ist danach eigentlich nichts“, sagt D. „Und wenn man mal ehrlich ist: In Lübeck sieht es ja mittlerweile an sehr vielen Stellen schlimm aus“, findet der 66-Jährige. Mit dem Müll, der fast direkt vor seiner Haustür abgeladen wird, werde er wohl leben müssen.