Hintergrund: Der Bewegungsmangel während Corona hat Spuren hinterlassen – und einen Run auf Sportvereine ausgelöst. „Das freut uns riesig, stellt uns aber auch vor Herausforderungen, weil vielerorts Trainer fehlen“, sagt Thomas Niggemann vom Landessportverband Schleswig-Holstein (LSV). Die Folge: Insbesondere bei den Kleinsten ist das Angebot zusammengeschrumpft. „Das ist eine schmerzhafte und nahezu unerträgliche Situation und widerspricht unserem Anspruch ‚Kein Kind ohne Sport‘“, sagt Niggemann.
Denn während die Nachfrage steigt, gab es bei den ehrenamtlichen Trainern laut LSV einen gegenläufigen Trend. „Viele haben sich nach der Corona-Zwangspause entschieden, das Ehrenamt aufzugeben“, bedauert Martin Mäcker, der beim LSV für Aus- und Fortbildung zuständig ist. Landesweite Zahlen seien nicht ermittelt worden, „weil sich diese wöchentlich ändern“. Nun sei ein Umdenken nötig. „Ehrenamtliches Engagement im Sport bedeutete früher, sich für viele Jahre zu binden“, erklärt Mäcker. Weil das nicht mehr zeitgemäß sei, setzen der LSV und die Vereine verstärkt auf niedrigschwellige Angebote.
Tatkräftige Unterstützung kommt von der Gemeinnützigen Sparkassenstiftung zu Lübeck. Sie investiert laut Geschäftsführerin Martina Wagner 23.500 Euro in die Projektwoche „Werde Jugend-Coach“, bei der vom 8. bis 12. Juli insgesamt 90 Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren aus Lübeck mitmachen. Entwickelt wurde diese Initiative in Kooperation mit den Landesfachverbänden der Sportarten Fußball, Handball, Leichtathletik, Rudern und Schwimmen. Die Teilnehmer werden für die Woche vom Schulunterricht freigestellt und erhalten am Ende ein Zertifikat, das sie dazu berechtigt, Kindersportgruppen anzuleiten. „Mit diesem Zertifikat ist es nur noch ein kleiner Schritt zum C-Trainer-Schein“, betont Wagner. Die neuen Jugend-Coaches sollen dazu beitragen, „die Wartelisten in Lübeck schrumpfen zu lassen“. Die 90 Teilnehmer (53 Mädchen und 37 Jungen) kommen von elf Lübecker Gymnasien und Gemeinschaftsschulen.
Lob erhält das Projekt vom LSV: „Das ist eine tolle Aktion, die uns nach vorne bringt“, sagt Sprecher Stefan Arlt. Karsten Schwarz, Geschäftsführer vom Turn- und Sportbund Lübeck, freut sich, als Referent bei der Projektwoche dabei zu sein: „Jede Aktion, die junge Menschen fürs Ehrenamt begeistert, ist ein Schritt in die richtige Richtung.“
Eine viel diskutierte Verkürzung der 120 Stunden umfassenden Ausbildung zum lizenzierten Übungsleiter ist laut LSV vom Tisch. Stattdessen gebe es niedrigschwellige Zusatzangebote, zu denen neben dem Jugend-Coach auch der Bewegungs-Coach gehört. Diese zweitägige Schulung bietet der Landesturnverband an, um Übungsleiter beim Kinderturnen zu entlasten. Bei der Ausbildung zum lizenzierten Übungsleiter finden zudem nicht mehr alle Stunden in Präsenz in Malente statt. Stattdessen wird viel Theorie durch Online-Seminare vermittelt.
Laut Landessportverband zeigen die vielfältigen Bemühungen bereits Wirkung: 2023 sei die Zahl der Übungsleiter in Schleswig-Holstein im Vergleich zum Vorjahr um 750 gestiegen und liege jetzt bei etwa 4750. Unterdessen scheint sich auch die Lage bei ehrenamtlichen Schiedsrichtern im Amateurfußball gebessert zu haben.