Unterführungen werden von vielen äußerst ungern genutzt, da sich gerade bei Nacht oft ein mulmiges Gefühl in den dunklen Tunneln breit machen kann. Bei einer Online-Umfrage der Hansestadt Lübeck zum Thema Angsträume Ende 2020, schaffte es die Unterführung am St.-Jürgen-Ring unter die Top 5 der meistgenannten Angsträume.
Bei einer Befragung vor Ort sagten viele, dass sie in der Unterführung nachts Angst haben. „Wenn es spät ist, dann fahre ich einfach über die Kreuzung, weil ich die Unterführung gruselig finde“, sagte eine 22-jährige Studentin, die in der Nähe der Unterführung wohnt. Ein 30-jähriger Softwareingenieur findet die Unterführung auch unheimlich: „Ich kann sehr gut verstehen, dass Leute da Angst bekommen.“ Eine junge Frau mit Babywagen berichtet, dass sie immer einen langen Umweg auf ihrem Weg zum Supermarkt gehen müsse, weil die Treppen runter zur Unterführung ein zu großes Hindernis für sie seien. Eine 26-jährige Studentin, die gerade zu Fuß aus dem Tunnel kam, erzählt, sie habe schon erlebt, wie Jugendliche in der Unterführung Böller zündeten.
Der Knotenpunkt St.-Jürgen-Ring auf der Höhe des Mönkhofer Wegs stellt eine wichtige Verbindungsachse zwischen Innenstadt, Hochschulen und Universitätsklinikum dar. Ein kurzer Test der LN ergab, dass am Dienstag zwischen 12 und 13 Uhr mehr als 40 Menschen die Unterführung nutzten, sie ist also in der Tat hochfrequentiert. Die Verbindung der Quartiere nördlich und südlich der B75 soll nun für den Fuß- und Radverkehr verbessert werden. Die aktuelle Planung sieht vor, den Knotenpunkt mit einer Ampelanlage auszustatten. Künftig sollen Fußgänger und Radfahrer barrierefrei, komfortabel und verkehrssicher die Kreuzung überqueren können.
Mit dieser Planung geht die Hansestadt Lübeck auf einen lang gehegten Wunsch der Menschen im Stadtteil ein. Derzeit führen enge Treppen und steile Rampen Fußgänger und Radfahrer zu einer Unterführung, die von der Nord- auf die Südseite des Mönkhofer Weges führt. Dies entspricht nicht den heutigen Ansprüchen einer barrierefreien Straßenüberquerung. Technische Mittel zur barrierefreien Nachrüstung der Unterführung, wie zum Beispiel Aufzüge, wurden im Vorfeld der Neuplanung geprüft und unter anderem aufgrund von zu hohen Kosten verworfen.
Die neue Querungsmöglichkeit für den Fußverkehr über den St.-Jürgen-Ring wird über eine Mittelinsel auf dem westlichen Teil der Kreuzung erfolgen. Zur gesicherten Führung von blinden und sehbehinderten Menschen werden die Querungsstellen mit einem akustischen und taktilen Leitsystem ausgestattet. Da die Unterführung vorerst erhalten bleibt, werden vor den Zugängen der bestehenden Unterführung ebenfalls taktil erfassbare Noppen als Hinweisgeber ergänzt. Der Radverkehr wird durch einen Schutzstreifen sowie durch vorgezogene Haltelinien gegenüber dem Autoverkehr besser sichtbar werden. Diese Maßnahmen sollen die Verkehrssicherheit für Radfahrende erhöhen.
Radler, die geradeaus fahren, werden in Zukunft auf einem markierten Fahrradstreifen über den St.-Jürgen-Ring geführt. Das Abbiegen wird, wie beispielsweise in der Moltkestraße/Hüxtertorallee, als sogenanntes indirektes Linksabbiegen über eine markierte Fahrradaufstellfläche mit Fahrradampeln vereinfacht. Im Zuge der Maßnahme wird für den Autoverkehr zusätzlich ein Fahrstreifen für Linksabbieger aus dem südlichen Mönkhofer Weg auf den St.-Jürgen-Ring hergestellt. Dies soll dazu führen, dass weniger Menschen durch das angrenzende Wohngebiet fahren. Aktuell kann man nur rechts auf den St.-Jürgen-Ring abbiegen, nicht links.
Nach Abschluss der Arbeiten soll der neue Kreuzungsbereich eine verbesserte und leistungsstärkere Anbindung in der wichtigen Achse zwischen Innenstadt, der Technischen Hochschule Lübeck, der Universität zu Lübeck, dem Bahnhaltepunkt St. Jürgen sowie dem Universitätsklinikum bieten. Gleichzeitig soll die Maßnahme der Trennwirkung des St.-Jürgen-Ring entgegenwirken sowie den Durchgangsverkehr durch die Quartiere im Mönkhofer Weg reduzieren. Die Bauarbeiten an der Kreuzung sollen im Herbst 2024 beginnen. Im Laufe des Jahres 2025 wird die Neugestaltung der Kreuzung dann fertiggestellt. Die Baumaßnahmen werden nach derzeitigem Stand Kosten in Höhe von 860 000 Euro verursachen.
Die Passanten am Mönkhöfer Weg freuen sich alle auf die kommende Neuerung. Bis auf einen: Der macht sich Sorgen, dass es in Zukunft zu mehr Wartezeit für die Autos kommen könnte. Doch alle anderen sehen es wie die 26-jährige Studentin - ihre Reaktion auf die kommende Ampel: „Das ist eine tolle Idee.“