André Spielberger, Chef der Sports-Bar „Time Out“ am Lübecker Hauptbahnhof, rechnet vor: „Sky, Magenta, DAZN, RTL+, Amazon Prime, GEZ und GEMA – das kostet mich rund 20.000 Euro im Jahr. Es sind einfach zu viele Anbieter geworden, die man haben muss, um alle Spiele zeigen zu können“, sagt der 53-Jährige.
„Früher“, sagt Spielberger, der gerade sein 20-jähriges Jubiläum gefeiert hat, „da gab es einen Vertrag mit Premiere für 300 Euro pro Monat und das war’s. Die Preiserhöhung ist enorm, das ist kaum zu schaffen. Und während der Sommerpause, in der es monatelang keinen Fußball gibt, muss man trotzdem zahlen.“
Die Energiekosten, die ebenfalls gestiegen sind und sich bei Spielberger auf rund 2000 Euro monatlich belaufen, sind ein weiterer Nackenschlag für den Gastronomen. „Damit sich alles trägt, braucht man bei mindestens drei von sechs Spielen einen rappelvollen Laden. Aber ich habe keine Möglichkeit, hier auf Fußball zu verzichten. Es ist alles auf Fußball aufgebaut.“
Beim Café Jazz in der Mühlenstraße sieht das anders aus. Früher konnte man hier noch Live-Bundesliga schauen, aber jetzt nicht mehr. „Wir zeigen keine Bundesliga und Champions League mehr, es sind zu viele Anbieter und es ist einfach zu teuer geworden. Es lohnt sich nicht“, sagt Levi Temur, Chef vom Jazz Café. Außerdem hat Temur den Eindruck, dass die Menschen ein bisschen das Interesse verloren haben, in Kneipen Fußball zu schauen. „Seit Corona merke ich das. Die treffen sich lieber zuhause und schauen da Fußball.“
Dass sich Menschen immer mehr in den eigenen vier Wänden oder in Schrebergärten zum Fußballgucken verabreden, merkt auch Frank Denker, Kreisvorsitzender des Dehoga Lübeck. „Die Kosten für Live-Fußball sind für Gastronomen keine unbedenkliche Größe, das geht schon ins Geld“, sagt Denker, und: „Bei der Weltmeisterschaft in Deutschland war Public Viewing ein Publikumsmagnet, davon konnten Gastronomen zehren. Aber wenn die Nationalmannschaft früh ausscheidet, dann kommen natürlich auch weniger Leute. Es ist ein Risikospiel für Gastronomen.“
Stefan Plambeck, einer der Betreiber des „Hochwasser“ an der Obertrave, zeigt alle Fußballspiele – trotz der hohen Kosten. „Unser Publikum erwartet das, es hat sich hier so etabliert“, sagt er. Dabei gehe es aber mehr um Gästebindung als um wirklichen Umsatz – keine einfache Situation für Gastronomen. „Es sind im Allgemeinenschwierige Zeiten. Man spricht in der Branche davon, dass rund 20 Prozent der Gastronomiebetriebe bald die Segel streichen werden – und das halte ich für realistisch.“Das „Hochwasser“ wird aber voraussichtlich nicht unter den 20 Prozent sein – und im Sommer können Gäste auch wieder Live-Spiele der Europameisterschaft sehen. „Ich weiß noch gar nicht, was mich das kosten wird, aber klar: Wir zeigen die EM.“ Alle 51 EM-Spiele werden nur bei Magenta-TV angeboten, ARD und ZDF zeigen 34 Spiele live (darunter alle deutschen Spiele, die Halbfinals und das Finale), bei RTL sind zwölf Partien im Free-TV live zu sehen.
Auch im Café Jazz wird die EM zu sehen sein. Levi Temur hofft, dass die Nationalmannschaft weit kommen und für gute Laune sorgen wird. Und André Spielberger sagt: „Wir haben hier viele Hotels im Umfeld und viele internationale Gäste, deshalb wird es bei mir auch die Magenta-Spiele geben. Ich zeige alle Spiele der EM 2024!“