Mehr als 500 Kommunen in Deutschland haben längst ein solches Gremium. In Lübeck gibt es einen Seniorenbeirat für mehr als 60 000 Ältere, einen Behindertenbeirat für rund 26 000 Menschen mit Handicap, aber keinen Beirat für mehr als 33 000 Kinder und Jugendliche. „Seit mehr als sechs Jahren fordern Jugendliche eine institutionalisierte Vertretung“, kritisiert Stadtschülersprecher Kalle Demmert das Tempo in Lübeck. Demmert forderte jetzt im Jugendhilfeausschuss einen Beirat, der gewählt wird und der Anfang 2025 die Arbeit aufnehmen kann.
Unterstützung kommt von vielen Seiten. „Wir müssen endlich einen Kinder- und Jugendbeirat auf den Weg bringen und mit einem Budget ausstatten“, sagt Juleka Schulte-Ostermann, Fraktionsvize von Linken & GAL. „Wir müssen endlich weiterkommen“, fordert Judith Bach, Kreisvorsitzende der Grünen. „Wir sind offen für ein Jugendparlament oder einen Beirat“, erklärt Jörn Puhle (SPD), Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses, „wir müssen mit der Mär aufräumen, dass es ein solches Gremium nie geben wird.“
Aber eben nicht so schnell. Jens Zimmermann, Jugendpolitiker der CDU, will den Jugendbeirat, hält aber Anfang 2025 für nicht leistbar. „Besser ist Ende 2025“, sagt Zimmermann. Jugendsenatorin Monika Frank (SPD) braucht Zeit für die Vorbereitung: „In einem Jahr ein Jugendparlament an den Start zu bringen, das wird nicht funktionieren.“ Dann würden alle anderen Beteiligungsformate für Jugendliche wegfallen.
Die will die Beauftragte für Kinder- und Jugendbeteiligung der Hansestadt unbedingt erhalten. „Wir wollen mit verschiedenen Angeboten auch Jugendliche erreichen, die sich nicht langfristig engagieren wollen“, erklärt Christiane Möller, die einen umfangreiche Bericht vorgelegt hat. Darin wird deutlich, dass Lübecks Kinder und Jugendliche viele Möglichkeiten haben, mitzureden. Vor allem das Jugendforum habe zahlreiche Veranstaltungen auf die Beine gestellt, heißt es in dem Bericht.
In der Lübecker Jugend werde dieses Gremium nicht wahrgenommen, behauptet dagegen Stadtschülersprecher Kalle Demmert: „Wir sind enttäuscht von der Entwicklung.“ Die Veranstaltungen seien größtenteils von Erwachsenen ausgedacht. Demmert: „Da kommt oft ziemlich viel Murks heraus.“ Eine Kritik, die Jugendsenatorin Monika Frank nicht teilt: „Was da läuft, muss sich wahrlich nicht verstecken.“
In einer bundesweiten Untersuchung zur Kinder- und Jugendbeteiligung wird deutlich, dass die Beteiligung an Wahlen zu Beiräten oder Parlamenten desto geringer ausfällt, je größer die Kommune ist. Trotzdem sei demokratische Teilhabe der Jüngeren keine Sache der Eliten. „Ich bin es leid zu hören, dass bei uns nur Innenstadt-Gymnasiasten mitarbeiten“, sagt Stadtschülersprecher Demmert.
Auch Pito Bernet vom Lübecker Jugendring stellt klar: „Jugendbeteiligung erreicht nicht nur privilegierte Jugendliche. Das wird oft behauptet, wird dadurch aber nicht richtiger.“ An den Formaten würden Jugendliche aus vielen Schulen teilnehmen und nicht nur aus den Gymnasien.