Das geht aus einer Antwort der Verwaltung auf eine Anfrage der Linken hervor. Dabei geht es nicht nur um verzweifelte Anwohner dicht besiedelter Quartiere, sondern auch um Touristen, die ihre Autos in der Innenstadt verkehrswidrig abstellen, oder Pendler, die falsch parken. Vergleichszahlen kann die Verwaltung nicht zur Verfügung stellen. „Abgeschlossene Ordnungswidrigkeitenverfahren werden aus datenschutzrechtlichen Erwägungen grundsätzlich sechs Monate nach Abschluss des Verfahrens gelöscht“, heißt es in der Antwort auf die Anfrage, „eine detaillierte Auswertung für die vergangenen Jahre ist daher nicht möglich.“
„Bei uns im Quartier waren sie 25 Jahre lang nicht und dann im vergangenen Jahr gleich zwei Mal – im Sommer und im Dezember“, berichtet Rainer Würtz von der „Bürgerinitiative Parken im Wakenitzviertel“. Die Mehrzahl der Parkverstöße aus 2023 könnten nicht durch Anwohner verursacht sein, sagt Ulrich Brock (CDU), Vorsitzender des Bauausschusses. „Bis Ende 2023 wurden diese Ordnungswidrigkeiten in den betroffenen Quartieren nicht verfolgt.“ Aufgesetztes Parken auf Fußwegen könne für Fußgänger problematisch sein, räumt Brock ein. „Aber man kann nicht die Hälfte der bisherigen Parkmöglichkeiten wegnehmen, ohne Alternativen anzubieten.“
Sind 250000 Euro viel oder wenig? 6000 Fälle seien bei Kontrollen an sechs Tagen in der Woche 20 am Tag, rechnet SPD-Verkehrspolitiker Ulrich Pluschkell vor und schätzt, „dass das üblich ist für eine große Stadt wie Lübeck“. Allein die Lübeckerinnen und Lübecker haben 121000 Kraftfahrzeuge, dazu kommen Tausende Pendler und Touristen, die die Hansestadt aufsuchen. Andere Verkehrssünden spülen deutlich mehr Geld in die Stadtkasse. 2022 nahm Lübeck knapp 3,4 Millionen Euro durch die Geschwindigkeitsüberwachung mit mobilen, semistationären und stationären Blitzern ein.
Der Verkehrsclub ADAC kann die Dimension nicht einschätzen. Sprecher Rainer Pegla sagt aber: „Bisher geduldetes Parken auf Gehwegen wird konsequenter verfolgt. Das könne wir auch an anderen Städten bestätigen.“
Für Andreas Müller, Kreisvorsitzender der Linken und Mitglied der Bürgerschaft, passen Verkehrswende und Parken auf Gehwegen nicht zusammen. Müller, der die Anfrage gestellt hat, befürchtet, dass es an noch mehr Stellen erlaubt wird. Seine Anfrage ergab, dass Parken auf Gehwegen an 504 Standorten in der Hansestadt legal ist. Außerdem hat die Verwaltung noch 119 Verkehrszeichen, die das aufgesetzte Parken erlauben, im Lager. „Es besteht die Gefahr“, sagt Müller, „dass diese Zeichen auch noch benutzt werden.“
Aus Sicht der FDP geht es gar nicht anders. „Wir brauchen das Gehwegparken, bis Alternativen zur Verfügung stehen“, sagt Fraktionschef Thorsten Fürter. Quartiersgaragen, wie sie der ADAC immer wieder ins Spiel bringt, würden erst in einigen Jahren zur Verfügung stehen. Die „Bürgerinitiative Parken im Wakenitzviertel“ würde sich über einige der im Lager liegenden Verkehrsschilder freuen. Sie fordert „das Entfernen des eingeschränkten Halteverbots und anstatt dessen Einrichtung von Parkflächen mittels Verkehrszeichen 315, Parken auf Gehwegen, in folgenden Straßen: Yorckstraße, Seydlitzstraße und Blücherstraße“.