Sie kennen Gravina nicht? Spätestens seit dem James-Bond-Film „Keine Zeit zu sterben“ dürften Sie die steinerne Römische Brücke in Gravina, auf der spektakuläre Filmszenen mit Daniel Craig gedreht wurden, kennen. Aber vom Bond-Streifen zurück zu den Gastronomen: Im Jahre 2014 sind Grazia (53) und Piero (58) nach Lübeck gekommen.
Aber was macht das Gastronomen-Ehepaar an den Festtagen in der Hansestadt? „Zunächst mal wird viel gekocht und gegessen“, sagen Michele und Domingo, die Söhne der beiden. Die Küche im Restaurant im Mönkhofer Weg 42 bleibt aber über die Weihnachtsfeiertage geschlossen. Zeit für die Familie, die sich Besuch aus Italien eingeladen hat.
Gehen sie in Lübeck auch in die Kirche? „Ja, meistens in die Propsteikirche Herz Jesu“, verrät Buonamassa. Auch die anderen Riten sind ähnlich wie bei uns: es wird gemütlich gespeist. Und damit sind wir auch schon im Fokus des weihnachtlichen Brauches der Graviner. Die angereisten Verwandten helfen mit, den Tisch zu füllen. Am heiligen Abend, wenn viele Deutsche gerne Kartoffelsalat mit Würstchen verdrücken, gibt’s bei Carlucci und Buonamassa kein Fleisch. Dafür viel Fisch: Es gibt eingesalzenen, frittierten Kabeljau und kleine Sardellen, Salat vom fünf Stunden lang gegarten Tintenfisch, Muscheln mit Nudeln in einer Brühe.
Erst Tags darauf kommt auch Fleisch auf den Tisch: Die große Familie wird etwa Lammkoteletts aus dem Ofen essen, und kleine, runde Hackbällchen, in einer Auflaufform geschichtet mit einer speziellen, dicken Nudelart, Tomatensoße und Käse – „pasta al forno“, wie die Italiener sagen. Dazu werden süße, frittierte Oliven und ausgebackene Teigstückchen gereicht. Damit nicht genug: Es gibt zart gegarte Pute in der Brühe, und handgemachte „grattoni“, per Hand geriebene Suppeneinlage aus Hartweizenmehl, Eiern, Parmiggiano Reggiano und etwas Petersilie. Was ist ein italienischer Weihnachtsschmaus ohne „dolci“, die süße Nachspeise? Grazia macht Gebäck mit einer raffinierten Füllung aus Mandeln, Feigen, Schokolade, Kichererbsen, Orange, Zimt und Traubenmost.
Und es wird gesungen. „Großen Spaß haben wir immer beim Karaoke-Singen“, sagt Piero und lacht. Am liebsten schmettert er dann Italo-Songs aus den 1960er und 1970er Jahren. An der großen Tafel werden auch Karten gespielt, auch gibt es lustige Wortspiele.
Ein geschmückter Tannenbaum fehlt genauso wenig wie die traditionelle Krippe. Ja, und es gibt sie auch, die traditionelle Bescherung. „Meistens zu Mitternacht“, sagt Domingo. Denn es kann schon mal sein, dass die Feier am Heiligen Abend bis in die frühen Morgenstunden dauert. Italiener pflegen es, zu feiern. Auch wenn sie 2000 Kilometer von zuhause weg sind.