Der Segeberger muss sich vor dem Amtsgericht Eutin wegen Trunkenheit am Steuer, Verkehrsgefährdung und Unfallflucht verantworten. In der Beweisaufnahme beschreiben die Zeugen einen spektakulären Unfallverlauf, während der Angeklagte eine bemerkenswerte Erklärung für sein Verhalten abgibt.
Abgerissenes Hinterrad
Was war passiert? Im März 2025 fuhr der Angeklagte von Eutin-Neudorf kommend auf der Westtangente. In der Rechtskurve zur B76 überfuhr er die Mittellinie. Eine 30-jährige Zeugin, die auf dem Heimweg nach Malente war, berichtet: „Das Auto kam mir entgegen. Ich hatte das Gefühl, dass er auf mich zufährt. Viel zu schnell. Ich konnte noch ausweichen.“
Im Rückspiegel habe sie dann wahrgenommen, wie der weiße Audi „das Fahrzeug hinter mir mitgenommen hat“. Und weiter: „Der BMW drehte sich.“ Sie habe angehalten, einen Notruf abgesetzt und sei zurückgelaufen. Der BMW-Fahrer sei bereits ausgestiegen und nicht sichtbar verletzt gewesen.
Angesichts des Sachschadens verwundert es, dass der 63-Jährige bei dem Zusammenstoß nur leichte Prellungen erlitt. Fahrertür und Heck des Cabrios waren eingedrückt. Das linke Hinterrad war abgerissen.
Der BMW-Fahrer erinnert sich, dass ihm in der Kurve ein schnelles Auto auf seiner Spur entgegenkam. „Ich konnte noch geistesgegenwärtig in Richtung Leitplanke lenken, damit er nicht frontal einschlägt“, sagt er. „Trotzdem hat er mich voll erwischt und ist in die Hinterachse geknallt.“ Den Gesamtschaden beziffert der BMW-Fahrer auf knapp 54.000 Euro. Von den Versicherungen habe er bislang 37.000 Euro bekommen.
Nachdem er ausgestiegen sei, habe er den ebenfalls schwer beschädigten Audi im unteren Teil der Kurve noch stehen sehen. Der Motor habe gequalmt, gerödelt, gequietscht. Plötzlich sei der Fahrer davongefahren.
Die Unfallflucht erregte Aufsehen. Denn nicht nur die Front des Audi war stark beschädigt worden. Auch ein Reifen platzte bei der Fahrt durch das Trümmerfeld, sodass der Audi vorne links auf der Felge mit Gummiresten rollte. Eine Zeugin erzählt, das Fahrzeug sei ihr mit erheblicher Schieflage und großen Problemen, die Spur zu halten, auf der B76 Höhe Abfahrt Ahrensbök entgegengekommen. „Er schoss an mir vorbei. So schnell würde ich nicht mal auf der Autobahn fahren“, sagt die Zeugin.
An der nächsten Ausfahrt stoppte die Polizei den Flüchtigen. Auf dem Beifahrersitz fand sie einen Karton mit 24 Fläschchen Kräuterschnaps. Der Atemalkoholtest zeigte wenig später 1,38 Promille. Die Blutprobe bestätigte den Wert dann.
Hoffnung, dass Alkohol
noch nicht im Blut wirke
Der Angeklagte räumt die Tatvorwürfe ein. Er habe einen Freund bei Eutin besucht und „sieben oder acht Kurze“ getrunken. Dann wollte er schnell Nachschub bei Famila organisieren. Sein Mandant sei „davon ausgegangen, dass der Alkohol noch nicht wirkt“, erklärt der Verteidiger. Unfall und Fehlverhalten seien eine große Lehre gewesen. Sein Mandant besuche seither die ambulante Suchtberatung. Einmal pro Monat gehe er zum Hausarzt, um die Abstinenz per Langzeit-Bluttest nachzuweisen. „Es ist ihm wichtig, dauerhaft vom Alkohol wegzukommen“, sagt der Verteidiger. Der Angeklagte nickt.
Die Richterin folgt den ähnlichen Strafanträgen von Verteidigung und Staatsanwaltschaft und verurteilt den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen à 40 Euro – also 3200 Euro. Zudem verlängerte sie die seit neun Monaten bestehende Führerscheinsperre um weitere sechs Monate. Der Verurteilte muss zudem mit hohen Regressansprüchen der Versicherungen rechnen.