„Hab noch 1000 Bilder im Kopf"
Eutiner Maler Rochus Langer: 81-Jähriger ist inspiriert von klassischer Moderne bis Aborigines-Kunst – Werke derzeit in Scharbeutz zu sehen

Die Malerei halte ihn jung, sagt Rochus Langer.Fotos: Sabine Jung
Eutin/Scharbeutz. Das Segelschiff „Alexander von Humboldt“ vor Travemünde, eine Regatta, Leuchttürme – alles mit klaren, geraden Linien dargestellt, die sofort an den Künstler Lyonel Feininger denken lassen: Solche Bilder sind jetzt in der Galerie der Strandkirche Scharbeutz zu sehen.

Rochus Langer hat sie gemalt, ein Künstler aus Eutin. Kunst, Design und Grafik haben das Leben des heute 81 Jahre alten Mannes geprägt, der jahrzehntelang das Erscheinungsbild des Hansa-Parks in Sierksdorf mitgestaltet hat und der noch längst nicht ans Aufhören denkt. „Als Elfjähriger habe ich einen Farbbildband mit Werken von Feininger geschenkt bekommen“, berichtet Rochus Langer. „Der hat mich zunächst überhaupt nicht interessiert.“ Doch der Junge, geboren in Schlesien und aufgewachsen in Nordrhein-Westfalen, hatte schon früh einen Hang zur Gestaltung und zur Kunst.

„Vielleicht habe ich das geerbt“, meint Langer, „denn mein Vater war Herrgottschnitzer, und ich habe ihm oft bei der Arbeit zugesehen.“ Als 17-Jähriger besucht er eine Ballettaufführung – „hinterher wollte ich den Tänzer unbedingt zeichnen.“ Die Bleistiftskizze besitzt Langer noch. Sie wirkt präzise, sicher und keineswegs wie ein erster Versuch.

Langer beginnt eine Ausbildung zum Schriftenmaler und Werbegestalter, und plötzlich wird auch der Feininger-Bildband interessant. „Wegen der Geradlinigkeit und des Strahlens“, erklärt Langer seine Leidenschaft für die Werke Feiningers, der von 1871 bis 1956 lebte und als einer der bekanntesten Vertreter der klassischen Moderne gilt.

Nach der Lehre studiert Langer Design, arbeitet anschließend als Werbeleiter in verschiedenen Modehäusern. Ende der 1970er-Jahre macht er sich selbstständig und zieht nach Ostholstein. Der Hansa-Park in Sierksdorf gehört bald zu seinen Kunden. „1987 haben sie mich dort fest angestellt“, erzählt Rochus Langer, „als Abteilungsleiter für Design und Gestaltung.“ Er plaudert lebhaft, mit verschmitztem Humor; ständig fällt ihm etwas Neues ein. „Jetzt sind wir wieder vom Thema abgekommen“, sagt er dann lachend.

Für den Hansa-Park entwirft Langer riesige Eingangstafeln fürs Showtheater und Bühnenbilder, dazu gewaltige Werbeflächen – etwa ein 20 Meter langes Bild am Berliner Bahnhof. „Das war größtenteils vor der Computerzeit“, erinnert er sich, „wir haben alles von Hand entworfen, gemalt, geschnitten, geschliffen und gesägt.“ Alltägliche Arbeiten gehören dazu, etwa das Anfertigen von Hinweistafeln für Besucher in Deutsch, Englisch und Dänisch. Irgendwann kommen die Computer und Großformatdrucker.

2009 geht Rochus Langer in den Ruhestand. Das Wohnzimmer seines Hauses in Eutin wird zum Zentrum seines künstlerischen Schaffens. Dort stehen Staffelei und Tisch mit unzähligen Farbtuben; an der Wand hängen die Bilder dicht an dicht, und in einer Ecke stehen ein topmodernes Keyboard und mehrere Gitarren. „Ich mache auch Musik“, erklärt der Maler, „aber das ist eine andere Geschichte.“

Also zurück zur Malerei. Rochus Langer erfährt früh Anerkennung: 1977, mit 33 Jahren, wird er Preisträger der Westfälischen Künstlertage. Wäre das nicht ein Anlass gewesen, hauptberuflich Maler zu werden? „Er stellt sein Licht immer unter den Scheffel“, sagt seine Lebensgefährtin. „Ich bin eher zurückhaltend“, räumt Langer ein, und vielleicht fehlte ihm damals tatsächlich das Selbstbewusstsein. „Aber heute kann ich das sagen“, erklärt er mit fester Stimme: „Ich bin Künstler.“

Seine Werke finden großen Anklang – bei zahlreichen Ausstellungen in Scharbeutz, Eutin und während der Ateliertage. Regelmäßig malt Rochus Langer Ansichten von Bad Schwartau, vom Amtsgericht bis zum alten Kurhaus, im Auftrag des Fördervereins des dortigen Museums. Er arbeitet klassisch mit Öl auf Leinwand, liebt es aber auch, Neues auszuprobieren. Die Kombination von Rötelstiften und Acrylfarbe reizt ihn ebenso wie die Punktmalerei der Aborigines. „Ich habe das gesehen, und der Funke sprang über“, sagt er.Einen Einblick in sein Können bietet die aktuelle Ausstellung „Rochus 2025“, die bis zum 7. Dezember in der Galerie der Scharbeutzer Strandkirche (Strandallee 111) zu sehen ist. Geöffnet ist montags bis freitags von 9 bis 12 Uhr sowie sonntags nach dem Gottesdienst von 12.15 bis 15.30 Uhr. Sonntags ist Rochus Langer persönlich vor Ort, um über seine Bilder zu sprechen. Bislang hat der Eutiner rund 120 bis 150 Bilder gemalt, schätzt er. „Und ich habe noch mindestens 1000 weitere im Kopf“, sagt er lächelnd. und S. Jung
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