Sturmfluten in Ostholstein
werden immer intensiver
Experten nennen steigenden Meeresspiegel als Grund – Das Risiko großflächiger Zerstörung an der Ostholsteinischen Küste wächst

Große Schäden nach der Sturmflut 2023 an Ostholsteins Küste: In Scharbeutz war die Lage auch Tage nach der Flut angespannt. Die Wellen spülten Tonnen an Sand weg.Foto: Beke Zill
Ostholstein. Die letzte große Sturmflut ist gut zwei Jahre her. Viele Menschen an der Ostsee fragen sich, wann hohe Wellen und kräftiger Wind das nächste Mal eine Spur der Zerstörung nach sich ziehen werden. Expertinnen und Experten können keinen Zeitpunkt vorhersagen. Sie sind sich aber sicher: Sturmfluten werden immer intensiver.

Martin Scheele arbeitet beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH). Von Hamburg aus haben er und die anderen Mitarbeitenden die Wasserstände und Wettervorhersagen stets im Blick. Er betont, dass die reine Zahl der Sturmfluten nicht ansteigt. Jedoch steigt der Meeresspiegel weiter an. Beispielhaft nennt das BSH Warnemünde und Cuxhaven. In beiden Orten wurde ein Anstieg um mehr als 20 Zentimeter seit dem Jahr 1900 registriert. „Mit dem steigenden Meeresspiegel steigt auch das Ausgangsniveau für Sturmfluten, die an den deutschen Küsten zunehmend höher auflaufen. Damit erhöht sich auch das Risiko, dass es bei Sturmfluten zu mehr Schäden kommt“, erklärt Jennifer Brauch, Leiterin der Unterabteilung Vorhersagedienste beim BSH.

Dass der Meeresspiegel ansteigt, liegt am Klimawandel. Und eben dieser verändert auch bestimmte Großwetterlagen – also die über Tage anhaltenden Zustände der Atmosphäre. Weiter heißt es vom BSH: „Mehr westliche Winde bis 2100 erhöhen das Risiko für Sturmfluten an der Nordsee, während ein Rückgang östlicher Winde das Risiko an der Ostsee dämpfen könnte.“

Besonders heftig erwischte es viele Orte in der Lübecker Bucht am 20. und 21. Oktober 2023. Dabei wurden Häuser beschädigt, Boote zerstört und riesige Mengen Sand fortgespült. Einige der Schäden –wie die Strandarena in Scharbeutz– sind bis heute nicht repariert. Andere wurden erst kürzlich beseitigt. So auch in Süssau. In der kleinen Gemeinde unweit von Oldenburg war ein Deich beschädigt worden.Nun werden seit kurzem 344 Tonnen Natursteine, 12.000 Tonnen norwegische Wasserbausteine und eine 1600 Kubikmeter umfassende Schotterschicht sowie 6300 Eukalyptuspfähle zu einem schützenden Bauwerk verarbeitet.

Neben dem Bau von Hochwasserschutzanlagen treibt viele Menschen entlang der ostholsteinischen Küste vor allem die Frage nach dem Wann um. Wann gibt es die nächste Sturmflut? Martin Scheele erklärt: „Im Allgemeinen kann man etwa drei Tage vor einer Sturmflut abschätzen, ob eine Sturmflut eintreten wird.“ Zu beachten sei: „Im einzelnen Fall kann die Zeitspanne aber variieren, was im Besonderen auf die Wetterlagen und ihre Vorhersagbarkeit ankommt.“

Fest steht indes, dass es sich an der Ostsee um eine Sturmflut handelt, wenn ein Wasserstand von mehr als einem Meter über dem mittleren Wasserstand auftritt. Zudem treten die meisten dieser Ereignisse von Oktober bis April auf. Wichtig ist weiterhin, dass Sturmfluten an der Nordsee häufiger vorkommen und an der Ostsee länger andauern können.

Und letztendlich fördern Wind und Wellen längst vergessene Dinge wieder zutage. So wurden in Neustadt nicht nur alte Militäranlage am Strand, sondern auch Reste des einstigen Kaufhauses Nickel frei gespült. Dieses befand sich vor Jahrzehnten in der Neustädter Innenstadt. Im Zuge der Abrissarbeiten wurden die Reste nach Pelzerhaken transportiert und in der Düne verklappt. In Heiligenhafen tauchte zuletzt ein früherer Schießstand wieder auf. Bemerkenswert ist hierbei, dass sich das Endstück der Anlage, die Ende der 30er-Jahre gebaut worden war, mal gut 100 Meter von der Ostsee entfernt befand. und ser
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