Das im Mahagoni-Schrank versteckte WC ist in der Schlösser-Landschaft eine große Ausnahme. Kuratorin Dr. Sophie Borges berichtet, dass es in den meisten Schlössern und Burgen hierzulande keine Badezimmer zu sehen gibt.
Wie war es früher um die Hygiene bestellt? Das ist nach Borges’ Erfahrung eine immer wiederkehrende Frage von Schloss-Besuchern. Anlass für die Kunsthistorikerin, ein Badezimmer zu rekonstruieren, damit an Ort und Stelle Antworten zur Körperpflege der Hofgesellschaft gegeben werden können. Denn anders, als hartnäckige Gerüchte besagen (lieber parfümieren und pudern als baden), hielt man früher sehr wohl auf Reinlichkeit.
Das Wasserklosett im Eckschrank und ein kleines Waschbecken stammen aus der Zeit um 1880. Beides sei bereits zu der Zeit an die Eutiner Kanalisation angeschlossen gewesen, sagt Sophie Borges. Aus dem Depot hervorgeholt wurde ein historisches Waschgeschirr: eine große Schüssel, über der man sich Gesicht und Oberkörper wusch und die Zähne putzte, eine Kanne, eine kleine Schüssel zum Aufbewahren von Seife und Waschlappen.
Hinter einem eigens für das Badezimmer angefertigten Paravent mit Mohnblüten darauf – einer historischen Tapete aus dem Depot nachempfunden – wusch man sich den Unterkörper. Der Kuratorin ist es gelungen, über eine Internet-Auktion ein altes Bidet aufzustöbern. Es besteht aus Leder mit abnehmbarem Polster und einer kleinen Zinkwanne, in die parfümiertes Seifenwasser gefüllt wurde. „In der Lehne gibt es drei Fächer für Violen. Leider sind sie nicht mehr erhalten“, sagt Sophie Borges.
Angeschafft werden konnte das Bidet mithilfe des Vereins Freundeskreis Schloss Eutin. Seit 2002 unterstützt er das Schloss und seine Gärten. Die Mitglieder ermöglichen die Restaurierung und den Ankauf von Sammlungsobjekten. Über 200.000 Euro hat der Verein bereits dafür zur Verfügung gestellt.
Brigitta Herrmann, Vorständin der Stiftung Schloss Eutin sagt: „Wir haben keinen eigenen Etat für Ankäufe. Dafür müssen wir zusätzliche Gelder einwerben. Mäzene und private Förderer sind nicht breit gestreut, aber es gibt sie.“ In Ausnahmefällen spreche sie Gönner des Schlosses auch mal an, ob sie für eine besondere Anschaffung einspringen könnten.
Hinter dem Paravent steht noch ein kleiner Hocker, auf dem man zum Abtrocknen und Eincremen Platz nehmen konnte. Das Landesmuseum leiht dem Schloss einen großen Schrankkoffer und Hutschachtel aus, die ebenfalls dort ausgestellt werden. Wollte vor 150 Jahren jemand baden, musste eine Wanne ins Zimmer gerollt werden – sie fehlt dem Schloss noch.
Eine weitere Leihgabe – aus Eutiner Privatbesitz – ist ein Pudertisch mit Stuhl, beides aus der Zeit um 1870/1880. „In seinen Schubladen und Fächern befanden sich Kosmetikartikel, Duftwässerchen, Bürsten und Kämme“, berichtet Sophie Borges. Genutzt wurde das Badezimmer von Gästen der herzoglichen Familie. Sie lebte überwiegend in der Hauptresidenz Oldenburg und kam zur Sommerfrische nach Eutin. Da gab es täglich reichlich Programm: „Spaziergänge, Sport, Picknick, Musik und Spiele“, zählt Sophie Borges auf.Zwischen den einzelnen Vergnügungen hieß es: frisch machen und umziehen! „Das konnte vier-, fünfmal am Tag sein“, so Borges. Folglich verbrachten die Gäste viel Zeit im Badezimmer. Stets beim Frisieren und Ankleiden dabei: Zofe oder Diener. Die Kuratorin sagt: „Es war auch ein Ort für Soziales, für Klatsch und Tratsch.“