Es wird nicht mehr nur Lebens- und Genussmitteln entsagt. Immer mehr Menschen verzichten in der Fastenzeit bis Karfreitag auch auf anderes, um nicht nur dem Körper, sondern auch dem Geist, der Natur und den Mitmenschen Gutes zu tun: Fernseher, Auto, Plastik, Handy oder nicht unbedingt notwendigen Konsum. Andere versuchen bestimmte Verhaltensweisen zu vermeiden, die ebenfalls alltäglich geworden sind, aber nicht positiv wirken, wie Schimpfen oder Grübeln.
Der Verzicht auf bestimmte Aktivitäten, die ablenken oder den Geist belasten, sorgt für mehr Ruhe und Entspannung: achtsam den Moment genießen. Ablenkendes auch gedanklich auszuschalten, fördert die Fokussierung und schafft Zeit für das geplante Vorhaben. Einfach mal das Gehirn von der Hochleistung entlasten, bewegte Bilder, Geräusche oder neue unterbrechende Tätigkeiten durch Fernsehen oder Social Media zu verarbeiten. So wird Fasten nicht zum Verzicht, sondern zum Gewinn.
Gewohnheiten bestimmen den Tagesablauf, äußere Reize führen zu automatischen Reaktionen, die nicht mehr reflektiert werden. Der Tag wird einfach abgespult. Unangenehme Gedanken und Gefühle werden verdrängt oder lösen direkte Reaktionen aus, die manchmal hinterher bereut werden. Wer es schafft, unangenehme Gefühle zu nutzen, um zu erkennen, dass eigene Bedürfnisse nicht erfüllt sind, findet mit etwas Übung Ideen für ein lösungsorientiertes Handeln und wird durch positive Gefühle belohnt. „Der moderne Alltag verleitet zur Unachtsamkeit. Ständige Erreichbarkeit, die Verschmelzung von Privat- und Berufsleben, das Managen des Familien- oder auch des Studien- und Schulalltags – die Gesellschaft verlangt uns viel ab“, so der AOK-Serviceregionsleiter Reinhard Wunsch. Das Gehirn ist nicht für Multitasking gemacht – es signalisiert schnell, dass es zu viel ist. Anstatt den Moment bewusst wahrzunehmen, sich über Geschafftes einfach zu freuen, wird schon die nächste Tätigkeit geplant. Oder es wird vermeintliche Ablenkung und nur gefühlte Entspannung gesucht, die dem Hirn aber wieder Hochleistung beim Fernsehen oder ‚Surfen‘ im Internet abverlangt. Hier wird bereits aus ein bisschen weniger ein echter Gewinn. Übrigens: Nicht nur das Negative zu sehen und zu schimpfen ist auch ein Gewinn, wenn sich der Blick auf das Positive im Alltag richtet.