Für den Anlass haben sich die Festspiele einen Regisseur von Format geholt: Anthony Pilavachi. Opernfans im Norden ist er aus mehr als 20 Regiearbeiten am Theater Lübeck bekannt. Unter anderem hat er in Lübeck mit großem Erfolg Wagners kompletten „Ring des Nibelungen“ inszeniert und zuletzt 2022 „Lohengrin“. Pilavachi sagt, er verspüre aufgrund dieser Bekanntheit durchaus einen gewissen Druck: „Ich weiß, dass die Erwartungen hoch sind, und ich habe auch an mich selbst hohe Erwartungen. Ich habe den Anspruch, ein junges Publikum anzusprechen, das vielleicht zum ersten Mal in die Oper geht.“
„Der Freischütz“ ist so etwas wie der Urahn der romantischen deutschen Oper. Der Jägersbursche Max muss für die Erbförsterei und die Hand der Försterstochter Agathe ausreichende Treffsicherheit mit dem Gewehr beweisen. Angesichts einer Pechsträhne lässt er sich von seinem Kollegen Kaspar dazu überreden, nachts in der Wolfsschlucht Freikugeln zu gießen. Diese treffen jedes Ziel, doch sie werden vom Teufel persönlich gelenkt. Die Wolfsschlucht-Szenen auf der Eutiner Bühne haben sich über Jahrzehnte hinweg einen legendären Ruf erworben.
Pilavachis Inszenierung wird nach seiner Schilderung aktuelle Bezüge erkennbar machen – ohne direkt auf die Gegenwart anzuspielen. „Ich bilde keine bestimmte Zeit ab“, sagt der Regisseur. Er nimmt sich aber einige Freiheiten. Samiel – diesen Namen trägt der Teufel im „Freischütz“ – wird bei Pilavachi zu einer Art Zeremonienmeister, der das Publikum durch die Handlung führt. Er wird als androgynes Wesen von einer Frau gespielt. Max, den unglücklichen Schützen, deutet Pilavachi als „impotenten Antihelden“ und seine Braut Agathe als manipulative Frau. Pilavachi mutmaßt, dass Weber in der Beziehung der beiden seine eigene, schwierige Ehe verarbeitet habe.
Und natürlich hat Pilavachi den Ehrgeiz, eine besonders grauenhafte Wolfsschlucht zu inszenieren – er stellt Pyrotechnik in Aussicht und verspricht: „Das wird eine Hölle, die man in Eutin so schnell nicht vergessen wird.“ Überhaupt wird die Atmosphäre düster und unheilvoll sein. Auch die Massenszenen fügen sich in dieses Bild. Die Kostümbildnerin Cordula Stummeyer will die Gesichter der einzelnen Menschen hinter aufgeschminkten Masken verstecken. Keiner zeigt seine Individualität, das Böse liegt in der Gruppe.
Premiere hat „Der Freischütz“ am Freitag, 19. Juli. Mit dem Kartenvorverkauf für die Festspiele ist deren Geschäftsführer Falk Herzog sehr zufrieden: Schon jetzt sind nach seinen Angaben knapp 31.000 Karten verkauft – bei insgesamt 68.000 Plätzen, die es für alle Veranstaltungen zusammengerechnet gibt.